: Chile sucht Mörder
■ Präsident Aylwin benennt Untersuchungskommission Politische Gefangene können mit ihrer Freilassung rechnen
Berlin (taz) - Präsident Aylwin ernannte am Dienstag eine Kommission, die die Fälle der Verschwundenen und Ermordeten in der Zeit der Militärdiktatur aufklären soll. Ursprünglich wollte das Regierungsbündnis die Kommission vom Parlament einsetzen lassen. Sie erreichte jedoch nicht die erhoffte Zustimmung der rechten Parteien, die im Senat zusammen mit den vom alten Regime designierten neuen Senatoren die Mehrheit haben. Deshalb richtete der Präsident die Kommission persönlich ein. Ob die Ergebnisse der Untersuchungen dazu führen werden, daß den schuldigen Militärs der Prozeß gemacht wird, blieb offen.
Die rund 350 politischen Gefangenen der Militärdiktatur, die noch immer in Haft sind, können dagegen mit ihrer Amnestie rechnen. Rund 60 Häftlinge hatte Aylwin gleich nach seinem Amtsantritt begnadigt. Politische Gefangene, denen bewaffnete Widerstandsaktionen vorgeworfen werden, sollen „zügige und faire“ Prozesse vor zivilen Gerichten bekommen. Die Regierung geht davon aus, daß bei Anrechnung der meist jahrelangen Untersuchungshaft alle Häftlinge nach den Prozessen freikommen.
Der Oberste Gerichtshof Chiles kündigte in dieser Woche an, daß der Prozeß im Fall Orlando Leteliers wieder aufgenommen wird. 1976 war der chilenische Botschafter in den USA, Orlando Letelier, in Washington ermordet worden, nachdem er die Menschenrechtsverletzungen in Chile angeklagt hatte. Hinter dem Bombenattentat steht der damalige chilenische Geheimdienst DINA. Der Oberste Gerichtshof entschied nun, den Prozeß wieder aufzunehmen.
Anne Haage
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen