: Türkei unter Druck setzen!
■ Aktuelle Stunde auf Antrag der Grünen zum Kriegsrecht in Kurdistan / Regierung desinteressiert
Bonn (taz) - 15 Millionen Kurden werden in der Türkei unterdrückt, sind ihrer elementaren Rechte wie der eigenen Sprache und Kultur beraubt. Das alles tangiert die Bundesregierung wenig. Gegen den Widerstand der Koalitionsparteien - aber auch der SPD - beschäftigte sich gestern der Bundestag auf Antrag der Grünen mit dem Thema. Bereits im Vorfeld hatte die SPD den Grünen angedeutet, dieses Thema im Augenblick besser nicht in der Öffentlichkeit breitzutreten. Mitglieder der Regierung waren gar nicht erst erschienen.
Die Grünen forderten die Regierung auf, politischen und wirtschaftlichen Druck auf den Nato-Partner auszuüben. In ihrem Beitrag über den Ausnahmezustand in den kurdischen Provinzen prangerte Angelika Beer die Verantwortung der Bundesregierung für Menschenrechtsverletzung durch türkische Sondereinsatzkommandos an - den sogenannten „Rambos“, die von der GSG9 in der BRD ausgebildet worden sind. Reaktion von Friedrich Vogel aus dem CDU-Lager: Die Grünen selbst trügen zur Eskalation der Lage bei. Die „inszenierte Aktuelle Stunde“ sei kein geeignetes Mittel, der innenpolitischen Situation in der Türkei gerecht zu werden.
Für die SPD erinnerte Peter Glotz daran, daß die Kurden noch nie in einem eigenen Staat zusammengelebt haben. „Und ich glaube auch nicht, daß irgend jemand erreichen kann, daß sie in der Zukunft in einem eigenen Staat zusammenleben.“ Was mit der kurdischen Minderheit in der Türkei geschehe, sei ein zentrales Problem der Außenpolitik im Europa der 90er Jahre: der wiederaufbrechende Nationalismus sei unfähig mit diesem mörderischen Problem fertig zu werden. Solange aber ein Staat so mit seinen Minderheiten verfahre, „kann er nicht Vollmitglied der EG werden“.
bg Siehe Tagesthema Seite 2 und 3
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