Streit um Reaktor dauert an

■ Keine Einigung im Forschungsausschuß zum HMI / Senatorinnen uneinig über Beteiligung von Potsdamern und über Entsorgung / Polemische Töne nehmen zu

West-Berlin. Polemik gab am Montag den Ton in der Sitzung des Abgeordnetenhaus-Ausschusses für Wissenschaft und Forschung an. Nicht zwischen Regierung und Opposition verliefen die Fronten in der zweistündigen Diskussion um die Genehmigung oder Nicht-Genehmigung des Forschungsreaktors BERII im Hahn-Meitner-Institut (HMI), sondern zwischen der von der AL gestellten Umweltsenatorin Schreyer und SPD -Wissenschaftssenatorin Riedmüller. Als Schreyer erklärte, über die Betriebsgenehmigung werde „nach Recht und Gesetz“ und nicht politisch entschieden, konnte sich Wissenschaftssenatorin Riedmüller ein breites Lächeln nicht verkneifen.

Sie hatte zuvor auf die „besondere Bedeutung des Forschungsreaktors für den Wissenschaftsstandort Berlin“ verwiesen. Aus ihrer Sicht steht einer Genehmigung des BERII spätestens im Juni nichts mehr im Weg, „wenn zuvor die letzten Auflagen zur Sicherung der Anlage erfüllt sind und geklärt ist, daß die verbrauchten Brennstäbe nicht für militärische Zwecke aufbereitet werden“. Doch gerade die Entsorgungsfrage ist einer der neuralgischen Punkte im Genehmigungsverfahren, für das nach Recht und Gesetz allein die Umweltsenatorin zuständig ist. Schreyer machte deutlich, daß der vom HMI vorgelegte Entsorgungs-Vorsorgenachweis unbefriedigend sei. Da die USA in absehbarer Zeit ihre Rücknahmeverpflichtung für das von ihnen gelieferte spaltbare Material nicht einhalten können, sollen die verbrauchten Brennstäbe in die britische Anlage Dounreay geliefert werden. Schreyer befürchtet, daß die sehr stark radioaktiv angereicherten Brennstäbe in Dounreay für die Atomwaffenproduktion eingesetzt werden könnten.

Ungeklärt blieb auch, ob nun HMI-Anwohner aus dem Raum Potsdam nachträglich die Möglichkeit zur Bürgerbeteiligung am Genehmigungsverfahren erhalten müßten. Schreyer ist dafür, Riedmüller will nur ein Klagerecht nach Erteilung der Betriebsgenehmigung zugestehen. Die Senatorinnen bezogen sich jeweils auf unterschiedliche Passagen eines Urteils des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg. Dieses Gericht hatte die nachträgliche Beteiligung von DDR-Bürgern an einem Bebauungsverfahren zurückgewiesen. Allerdings hätten die Lüneburger Richter auch gesagt, so Schreyer, daß die Beteiligung von DDR-Bürgern an Genehmigungsverfahren eine Ermessensfrage sei. Das HMI-Genehmigungsverfahren könnte dann allerdings frühestens in sieben bis acht Monaten abgeschlossen sein. „Der Senat sollte sich davor hüten, einen Verfahrensfehler zu begehen, indem er die Demokratierechte der DDR-Bürger übergeht“, betonte Schreyer.

Für Senatorin Riedmüller geht indes aus dem Lüneburger Urteil eindeutig hervor, daß das Erörterungsverfahren nicht nochmals aufgerollt werden muß. Sie setze jetzt „auf die Rationalität des Gesamtsenats“, auf eine politische Entscheidung also. Am kommenden Dienstag werden sich die SenatorInnen nochmals mit dem HMI-Komplex beschäftigen.

Gudrun Giese