piwik no script img

Demonstrationen gegen Iliescu gehen weiter

■ Ein Anführer der Demokratiebewegung in Bukarest beginnt Hungerstreik mit dem Ziel, Verhandlungen mit der Regierung herbeizuführen / Oppositionsparteien drohen mit einem Boykott der Wahlen, wenn nicht sofort die Behinderungen ihrer politischen Arbeit eingestellt würden

Bukarest (afp/taz) - In Rumänien hat sich die Protestbewegung gegen die Regierung vom Übergangspräsidenten Ion Iliescu über die Mai-Feiertage weiter ausgedehnt. Acht bis zehntausend Menschen demonstrierten den zehnten aufeinanderfolgenden Tag auf dem Universitätsplatz im Zemtrum von Bukarest gegen „kommunistische Unterwanderung“ der Regierung. Im westrumänischen Temeswar hielten mehrere hundert Menschen den Platz vor der Oper besetzt. Unterdessen drohten die wichtigsten rumänischen Oppositionsparteien einen Boykott der für den 20.Mai angesetzten Parlaments- und Präsidentschaftswahlen an, sollte die Regierung nicht die „organisierte Behinderung“ des Wahlkampfes einstellen. Dimitru Dincan, ein 40jähriger Arbeiter, der aufgrund seines Redetalents zu Berühmtheit in der Oppositionsbewegung gelangt ist, kündigte eine Fortsetzung seines Hungerstreiks bis zur Aufnahme von Gesprächen zwischen Regierung und Demonstranten an. Die Demonstranten fordern den Rücktritt von zehn Regierungsmitgliedern, die unter dem Ceausescu -Regime Kader der Kommunistischen Partei gewesen waren. Hauptzielscheibe der Bewegung ist aber Iliescu selbst. Eine der herausragenden Figuren der schon unter Ceausescu aktiven Opposition, Doina Cornea, rief die Demonstranten am Montag zur Gewaltlosigkeit auf. „Laßt uns ohne Haß leben. Eure Gegner müssen überzeugt, nicht gehaßt werden.“

Unterdessen forderten die größten Oppositionsparteien des Landes die Regierung in einer Resolution auf, den Wahlkampf der Opposition nicht länger zu behindern. Das Schreiben war von der National-Liberalen Partei, der Nationalen Bauernpartei und der Sozialdemokratischen Partei sowie von der kleineren Liberal-Demokratischen Partei und der Liberalen Sozialistischen Partei unterzeichnet. „Von den ersten Tagen des Wahlkampfes an mußten wir feststellen, daß wir systematisch behindert wurden“, hieß es in der Resolution. Der Front zur Nationalen Rettung warfen die Oppositionsparteien vor, über unbegrenzte Mittel für den Wahlkampf zu verfügen.

Die Oppositionsparteien beschuldigten die Front zudem, ihre Zusammenkünfte gestört und Politiker körperlich angegriffen zu haben. Die Plakate der Opposition würden abgerissen, ihre Zeitungen erreichten die Empfänger nicht. „Wenn die Regierung keine Maßnahmen ergreift, könnten wir uns gezwungen sehen, nicht an den Wahlen teilzunehmen, die von Anfang an durch die Verletzung der demokratischen Prinzipien verdorben worden sind“, hieß es in der Resolution weiter. Wiederholt wurde auch die Forderung, alle ehemaligen Mitglieder der KP und der Securitate vom politischen Leben des Landes auszuschließen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen