: Eine Feder für die Umwelt
Die 'Nuova Ecologia'-Redakteurin Sivia Zamboni ist eine der wenigen „transnationalen“ Umwelt- und FriedenspublizistInnen Italiens ■ Aus Rom Werner Raith
Daß sie „mal aus Italien rausmußte“, war ihr schon mit 18 klar; daß es dann aber gleich fünf Jahre Deutschland (West und Ost) wurden, dafür ist der frühere taz-Redakteur Andreas Rostek verantwortlich, der ihr 1979 „energisch zu Berlin geraten hat“. Wenn sie heute über diese Zeit spricht, gerät sie noch immer ins Schwärmen über „diese explosive Lebendigkeit, alles und alle zu erleben, enorme Horizonte auf kleinster Fläche zu erleben“: Silvia Zamboni, 35, Redakteurin der renommiertesten Umweltzeitschrift Italiens, 'La Nuova Ecologia‘, lange Zeit auch Moderatorin des Öko -Magazins Greenpeace im staatlichen Fernsehen RAI, gehört zu den ganz wenigen ItalienerInnen, die Friedens- und Umweltvorstellungen miteinander vereinen - die beiden Bewegungen verlaufen hier sonst völlig getrennt von- und oft gegeneinander. Insofern waren für Silvia die „Berliner Jahre“ prägend: hier hat sie „beizeiten gelernt, über Mauern zu sehen“. Immer häufiger reiste sie in den damaligen Ostblock, sorgte während des Ausnahmezustands in Polen für den Informationsfluß nach draußen. Der Nato-Doppelbeschluß, der Italien mit den Cruise Missiles beglückte, brachte sie auf die Idee, eine gemeinsame Erklärung von Frauen aus allen Stationierungsländern - im Westen wie im Osten - zu organisieren; ihre Berichte in 'il manifesto‘ über DissidentInnen waren lange Zeit eine der wenigen authentischen Quellen für die Bewegung. Die Aufsätze, die sie dazu in 'pace e guerra‘ schrieb, sind heute zeitgeschichtliche Dokumente.
Dabei entwickelte sie eine in Italien und speziell in der Schreibzunft seltene Eigenschaft: Sie widerstand jeglicher Versuchung, sich für irgendwelche Gruppen oder Parteien einspannen zu lassen; ihr angebotene Kandidaturen - zuletzt fürs Europa-Parlament - hat sie stets ausgeschlagen: Sie ist fest davon überzeugt, daß sie mit Schreiben „mehr ausrichten kann als mit jeder anderen Tätigkeit“.
Tatsächlich wurde sie 1988 zur ersten RedakteurIn Italiens, die ohne alle Indiskretionen aus Ministerien, Politzirkeln und Gerichtskreisen (sonst Hauptquellen der Zeitungen) frappierende Enthüllungen schaffte - wie den über internationale Recherchen geführten Nachweis, daß aus den Atomkraftwerken Italiens in ganz Europa Plutoniummengen kursieren, die bequem für eine Handvoll Superbomben ausreichen würden. Der Trick, dem sie auf die Spur kam, war so genial wie einfach: Wo Deutschland Nukems und Alkems Millionen Schmiergelder ausgegeben hatten, zahlten Italiens AKW-Manager keine müde Lire - sie führten Plutonium einfach nicht auf der Liste ihres Abfalls auf, und so fragte auch niemand, wo das Zeug hinkam. Sogar Grünen-Fraktionschef Gianni Mattioli, selbst Kernphysiker, mußte kleinlaut gestehen, daß er „auf die Lauterkeit der Physiker“ gesetzt und die Augen geschlossen hatte.
Derzeit ist Silvia voll im Einsatz bei einer neuen Kampagne, mit der Italiens Umweltschützer, ähnlich wie bei der Abschaltung der AKWs durch ein Referendum 1988, Trends für Europa setzen wollen: die „Domestizierung“ der Jagd durch Schießverbot über Privatgrundstücken und die Durchsetzung des Verbots zum Aufbringen von Pestiziden auf den Feldern und Plantagen des Landes.
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