: „Jeder begriff: Hier hat niemand Hörner“
Der ANC erwartet von den ersten Gesprächen mit der südafrikanischen Regierung wichtige Fortschritte „Die Atmosphäre war gut, aber ernst“ / ANC hält Zusammenarbeit mit der Regierung für möglich und notwendig ■ Aus Kapstadt Hans Brandt
Der Afrikanische Nationalkongreß (ANC) ist zuversichtlich, daß Südafrikas Regierung und der ANC in ihren ersten Gesprächen, die zur Zeit in Kapstadt stattfinden, wichtige Fortschritte erzielen können. Das sagte Thabo Mbeki, ANC -Beauftragter für Internationales, gestern in einer Rede vor dem Kapstädter Presseklub. „Innerhalb von Minuten, nachdem wir zu dem Treffen Platz genommen hatten, hatte jeder begriffen, daß niemand im Raum Hörner hat“, sagte Mbeki.
Mbeki beschrieb die Atmosphäre der Gespräche als „gut, aber ernst“. Er und seine Kollegen hätten jedoch beschlossen, einen der Regierungsminister zu konfrontieren: „Der hat während des Treffens seine Büroarbeit gemacht.“
Über Einzelheiten wollte Mbeki sich nicht auslassen. Doch in einer am Mittwoch abend verteilten gemeinsamen Erklärung hieß es, die Gespräche gälten den Hindernissen auf dem Weg zu Verhandlungen über eine neue Verfassung für Südafrika. Dazu gehörten: Sicherheitsgesetzgebung; die Rückkehr von Leuten aus dem Exil; die Präsenz von Militär in schwarzen Wohngebieten; politische Gefangene; der Ausnahmezustand; das Festhalten am bewaffneten Kampf; sowie die Notwendigkeit, Gewalt zu beenden. „Die Diskussionen waren offen und direkt auf beiden Seiten“, hieß es.
Der 47jährige Mbeki, der als einer der wichtigsten ANC -Führer der jüngeren Generation betrachtet wird, befaßte sich in seiner Ansprache mit den Schritten, die für den ANC nach der erfolgreichen Beseitigung der genannten Hindernisse folgen sollten. Dazu gehören breite Diskussionen über die Zusammensetzung eines Gremiums, das eine neue Verfassung ausarbeiten soll. „Der ANC denkt, daß diese Frage am besten gelöst werden kann, indem die Bevölkerung befragt wird“, so Mbeki. Gemeint seien freie Wahlen, die zur Bildung einer verfassunggebenden Versammlung ähnlich wie in Namibia führen würden.
Dieser Prozeß müsse jedoch von einer unparteiischen Regierung überwacht werden. Der ANC wünsche deshalb die Bildung einer Interimsregierung. Auch andere Fragen, wie beispielsweise die Kontrolle der elektronischen Medien im Laufe dieses Prozesses, müßten schon vor Verabschiedung einer neuen Verfassung angesprochen werden. Als größte Gefahr für den Verhandlungsprozeß identifizierte Mbeki die Angst der Weißen vor Veränderung. „Es gibt Menschen, die glauben, die gottgegebene Mission zu haben, den ANC zu zerstören“, sagte er. „Je näher wir der Veränderung kommen, desto verzweifelter werden sie werden.“
Mbeki schloß eine wachsende Zusammenarbeit zwischen ANC und Regierung nicht aus. „Es muß Zusammenarbeit geben“, sagte er. „Ob diese institutionalisiert wird, ist noch offen.“ Zahlreiche Fragen, vom Einsatz des Militärs bis zu Wohnungs und Schulproblemen könnten mit der Regierung besprochen werden.
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