piwik no script img

Alliierte Rechte bleiben vorerst

■ Moskau will erst verzichten, wenn äußere Aspekte der deutschen Einigung einvernehmlich geregelt sind

Bonn (ap/dpa) - Die Sowjetunion will die Rechte der vier Siegermächte des Zweiten Weltkrieges in Bezug auf Deutschland als Ganzes nicht aufgeben, solange es keine einvernehmliche Regelung der außen- und sicherheitspolitischen Aspekte der deutsch-deutschen Vereinigung gibt. Das geht aus der Rede von Außenminister Eduard Schewardnadse auf dem Bonner Vier-plus-zwei-Treffen hervor, die gestern von der sowjetischen Presseagentur Nowosti auszugsweise veröffentlicht wurde.

In der Praxis würde das bedeuten, daß auch das vereinte Deutschland, ebenso wie die Bundesrepublik und die DDR heute, nur mit einer eingeschränkten Souveränität ausgestattet wäre, solange es keine Einigung über die Frage der Bündniszugehörigkeit gibt. Leitprinzip für die Beratungen, so Schewardnadse, müsse sein: „Nichts ist abgestimmt, solange nicht alle Aspekte der Regelung abgestimmt sind und keine vollständige Ausgewogenheit der Interessen gefunden worden ist.“

Das Ergebnis der Beratungen der Sechs soll laut Schewardnadse „die Aufstellung eines einheitlichen und abgeschlossenen Dokuments sein, das alle Aspekte der Regelung umfassen würde. Darin müssen Bestimmungen über die Grenzen Deutschlands (innerhalb des Territoriums der BRD, der DDR und Berlins), über seine Streitkräfte, sein militärpolitisches Statut, über die Kontinuität der Verpflichtungen, über die Übergangsperiode und Maßnahmen dieser Periode, über den Aufenthalt der Truppenkontingente der allierten Mächte auf dem Territorium Deutschlands enthalten sein.“

Dieser sowjetische Vorschlag wird allerdings von Washington zurückhaltender als von der Bundesregierung in Bonn beurteilt. Wie die Tageszeitung 'Washington Post‘ am Montag berichtete, könnte der Vorschlag nach den Worten eines hohen US-Beamten „ein Weg (sein), die Kontrolle (durch die vier Siegermächte) festzuschreiben“. Der Beamte, der Außenminister James Baker nach Europa begleitete, beschrieb Schewardnadses Vorstoß als „Vorschlag für Einheit ohne Souveränität“. Er würde es sowjetischen Streitkräften erlauben, solange auf deutschem Boden zu stehen, bis die Bündnisfrage entschieden sei.

Die Bundesregierung hatte den Vorschlag mit Erleichterung aufgenommen und als Signal für eine deutsche Vereinigung möglicherweise noch in diesem Jahr interpretiert.

Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen

Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen