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Schritt in deutsche Zukunft

■ Der Jüdische Weltkongreß tagt trotz Protesten aus Israel in der ehemaligen Reichshauptstadt Berlin / „Vereinigung ist Bewährungsprobe für die Deutschen“

Berlin (taz) - Auf Einladung des Zentralrats der Juden in Deutschland tagt bis Dienstag, dem 45. Jahrestag des Kriegsendes, der Jüdische Weltkongreß in Berlin. Der Jüdische Weltkongreß wurde 1936 in Genf gegründet und repräsentiert heute jüdische Gemeinden und Organisationen aus aller Welt. Tagungsort und -datum waren innerhalb der Organisation nicht unumstritten, insbesondere das israelische Büro hatte große Bedenken geäußert.

In den Eröffnungsansprachen gingen der Präsident des Weltkongresses, Edgar Bronfmann, und der Vorsitzende des Zentralrates, Heinz Galinski, auf die Ressentiments ein und begründeten die Entscheidung mit der politischen Entwicklung, hin zu einer „Überwindung der europäischen Spaltung“. Galinski sagte, daß die Entwicklung zu einem demokratischen Gesamtdeutschland positiv zu bewerten sei und die Realität „alle bestehenden Zweifel“ zerstreuen werde. Die „Vereinigung“ sei eine „Bewährungsprobe“ für die Deutschen und gleichzeitig das „Ende einer Epoche, die zu dieser Spaltung geführt hat - der Epoche des Zweiten Weltkrieges, des Nationalsozialismus“ und des Kalten Krieges. Auch Bronfmann ging auf die Befürchtungen gegenüber einem neuen deutschen Nationalstaat ein. Berlin sei auf der einen Seite zwar unauslöschlich ein Symbol für nationalsozialistischen Terror, auf der anderen Seite aber die Stadt, „die Hauptstadt eines vereinigten Deutschlands werden könnte, und zwar eines Deutschlands, welches nun seine besten Traditionen weiterführen kann, begründet auf den Lektionen seiner finstersten Vergangenheit“. Die Überwindung der „stalinistischen Diktatur in Ostdeutschland“ sei auch ein „Sieg für die Menschheit“. Die Verpflichtung eines Gesamtdeutschlands sei es aber, die Erinnerung an den Holocaust wachzuhalten und die Jugend zu Toleranz zu erziehen. In einem leidenschaftlichen Appell an die Deutschen mahnte er, Israel zu unterstützen: „Stärken Sie niemals, niemals die Feinde Israels.“

Bundeskanzler Kohl „verbürgte“ sich in seiner Ansprache, daß die von Adenauer, Nahum Goldmann und David Ben Gurion begonnene Politik des „vertrauensvollen Dialogs mit Israel“ fortgesetzt wird. „Die Garantie des Lebensrechtes Israel“ auch in einem einheitlichen Deutschland „ist unverzichtbarer Bestandteil jeder politischen Regelung“. In der DDR sei unter dem Deckmantel des „Antizionismus“ das Existenzrecht Israels in Frage gestellt worden und „unter dem Deckmantel des Antifaschismus“ wäre jahrzehntelang der eigene Anteil an den nationalsozialistischen Verbrechen geleugnet worden. Der Regierende Bürgermeister von Berlin, Walter Momper, betonte, daß nur wenige Städte auf der Welt so untrennbar mit dem jüdischen Leben und jüdischen Leiden verbunden ist wie Berlin. „Die Epoche des Nationalsozialismus schmerzt immer noch wie eine frische Narbe“.

aku

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