: Abrüstung von unten
■ betr.: "Heilbronn Pershing-frei (Kurzmeldung Seite 1), taz vom 27.4.90
betr.: „Heilbronn Pershing-frei“, (Kurzmeldung Seite 1),
taz vom 27.4.90
In Heilbronn sind sie endlich abgezogen; in Mutlangen stehen immer noch abschußbereit 27 Pershing-II-Atomraketen. Trotz Ost-West-Entspannung üben sie im Lager oder bei Bereitschaftsübungen in den umliegenden Wäldern. Die atomare Blitzkriegsfähigkeit wird anscheinend weiterhin für nötig erachtet und diese Kriegsübungen werden fortgesetzt bis zum INF-Vertragsende Mitte 1991. Die Atomsprengköpfe der Pershing II werden möglicherweise bei neuen Waffensystemen wiederverwendet und das Depot soll für Reforger-Manöver genutzt werden. Ist das Abrüstung?
Weiter geht auch die Fließbandverurteilung und Kriminalisierung von Sitzblockierern, die in Mutlangen gewaltfreien, zivilen Ungehorsam geleistet haben. Verurteilt wegen gemeinschaftlicher, verwerflicher (!) Nötigung mit Gewalt (!) saßen 1989 28 BlockiererInnen insgesamt über 1.000 Tage im Gefängnis. 1990 waren bis Ende März vier gewaltfreie BlockiererInnen insgesamt 192 Tage im Knast. Momentan im Gefängnis sind: Holger Jänicke in 7920 Heidenheim, 6. November 1989 bis 5. August 1990; Michael Drewes in Münster, 30 Tage; Thomas Bethmann in Plötzensee (Berlin-West), 30 Tage bis 8. Mai 1990.
Weder bei den Richtern noch bei Militärs und Politikern ist bisher ein grundlegendes Umdenken zu erkennen.
Ich denke, Abrüstung muß von unten kommen, gerade in dieser Zeit des Umbruchs. So müssen wir den Regierenden kritisch auf die Finger schauen und uns einmischen, damit die Utopie von einer A-B-C-waffenfreien, einer waffenfreien Welt irgendwann Wirklichkeit wird.
Thomas Bethmann
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
