: Bremen gegen Anti-Drogengesetz
Heute wird im Bundesrat der von Bayern und Baden-Württemberg eingebrachte Gesetzentwurf zur Bekämpfung des illegalen Rauschgifthandels und anderer Erscheinungsformen der Organisierten Kriminalität abgestimmt ■ Aus Bonn Barbara Geier
Das Land Bremen wird heute im Bundesrat dem Gesetzentwurf zur Bekämpfung des illegalen Rauschgifthandels und anderer Erscheinungsformen der Organisierten Kriminalität nicht zustimmen. Statt dessen wird Bremens Justizsenator Kröning (SPD) eine Stellungnahme vorlegen, in der scharfe Kritik sowohl an den Absichten des Gesetzentwurfs als auch am „als einmalig in der Geschichte der Bundesgesetzgebung zu bezeichnenden Verfahren“ geäußert wird. „Im Namen der Bekämpfung der Organisierten Kriminalität“, heißt es in der Stellungnahme, „wird das am weitesten reichende rechtspolitische Projekt der 12. Legislaturperiode vorgelegt, ohne daß Voraussetzungen und Folgen hinreichend geklärt sind.“ Der Entwurf sei von einer gezielten Anti -Drogenkriminalitätsgesetzgebung zu einer umfassenden Gesetzgebung gegen Organisierte Kriminalität erweitert worden. Das zeige sich zum Beispiel am „enorm erweiterten“ Anwendungsbereich der Vermögensstrafe auf Geld- und Wertzeichenfälschung, Menschenhandel und Zuhälterei, Diebstahl mit Waffen und Bandendiebstahl bis hin zu unerlaubter Veranstaltung von Glücksspielen. Weder die Bundesregierung noch der Bundesrat selbst hatte dies bei seiner kürzlichen Billigung der Entwürfe (die taz berichtete) noch erwogen.
Ferner wird von Bremen kritisiert, daß die Rasterfahndung auch bei Staatsschutzdelikten und darüber hinaus bei allen anderen Straftatbeständen, sofern der Verdacht bestehe, daß organisiert gehandelt worden sei. Auch der Einsatz verdeckter Ermittler soll unter solchen Verdachtsmomenten ausgeweitet werden. Lauschangriffe mit Wanzen und Richtmikrophonen sollen künftig auch in Privatwohnungen unter weitgefaßten Voraussetzungen möglich werden, moniert die Stellungnahme. Bei Gefahr im Verzuge können laut Entwurf solche Lauschangriffe auch durch Hilfsbeamte der Staatsanwaltschaft angeordnet werden.
Entgegen einem Entwurf eines Strafverfahrensänderungsgesetzes (StVÄG) von 1988 seien die „dringend benötigten“ Regelungen zum bereichsspezifischen Datenschutz im Strafprozeßrecht nicht vorgesehen. Das betrifft insbesondere die Akteneinsicht, den Einsatz von Allgemeiner Datenverarbeitung und die Verarbeitung personenbezogener Daten. Statt dessen enthalte der Entwurf in Artikel 8 auch eine Änderung des Fernmeldeanlagengesetzes, nach der künftig auch die Polizei den Fernmeldeverkehr überwachen und aufzeichnen könne, „wenn dies zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für Leben, Leib oder Freiheit einer Person erforderlich ist“. Und bei Gefahr im Verzuge soll die Anordnung nicht durch einen Richter, sondern die „nach Landesrecht zuständige Stelle“ erfolgen können.
Insgesamt sei das Gesetzespaket „zu einer einschneidenden Revision des materiellen und formellen Strafrechts angewachsen“, die als unausgereift und fachlich wie politisch nicht ausdiskutiert betrachtet werden könne.
Dem Entwurf eines Gesetzes zur Einführung eines Zeugnisverweigerungsrechts für Mitarbeiter in anerkannten Drogenberatungsstellen sowie dem Entwurf zur Änderung des Betäubungsmittelgesetzes wird das Land Bremen dagegen zustimmen. Nach Beratungen im Bundestag sollen diese Gesetzesvorhaben noch in dieser Legislaturperiode verabschiedet werden.
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