: Lesumsperrwerk öffnen!
■ Betrifft: Artikel vom 8.04.90
Sehr geehrte Damen und Herren!
Auf ihren Bericht vom 8.04.90 hin sehe ich mich veranlaßt, einen Leserbrief zu schreiben und hoffe auf Veröffentlichung. Als direkt Betroffener bemühe ich mich seit eineinhalb Jahren um die Änderung der Lesumsperrwerköffnungszeiten. Bevor wir uns entschlossen, im letzten Jahr das Sperrwerk zu „besetzen“, war schon viel an Arbeitsaufwand in dieser Sache geflossen, aber offensichtlich ohne das geringste Resultat.
Nach der „Besetzung“ wurde uns innerhalb relativ kurzer Zeit nach einem Treffen im Ortsamt Burg - Lesum mit Vertretern der Segelvereine und der IG.-Werderland klar, daß die Winterpause um sechs Wochen verlängert würde, das heißt, daß die Bürger sechs Wochen länger an das nördliche Lesumufer “ angeschlossen“ waren.
Unser erster Erfolg !!!
Vor kurzem fiel mir ein Exemplar der SPD („Die SPD Abgeordneten informieren“) in die Hände, welches uns von Eva -Maria Lemke bei einem Treffen in ihrer Dienststelle stolz überreicht wurde. Dort heißt es auf Seite 17:
„Wir streben an, die Öffnungszeiten des Lesumsperrwerkes... über den bisherigen Zeitraum zu verlängern.“
Als Bilanz der SPD folgte darauf: „Die Öffnungszeiten sind... verbessert worden.“
Als uns Frau Lemke diesen Passus vorlas, wußte ich zuerst nicht, was sie eigentlich damit anndeuten wollte. Schnell wurde mir jedoch klar, daß das alles ist, was man von den Verwaltern des Status quo zu erwarten hat. Besonders erstaunt war ich, in welcher Weise die SPD die Leistungen für die Bürger (die ja von den Bürgern selbst kam) als ihren eigenen Erfolg verbuchte.
Auf unsere Forderungen, die Öffnungszeiten des Sperrwerks in der Segelsaison über 22.00 Uhr und vor 6.00 Uhr auszudehnen, reagierten die Verantwortlichen mit Ablehnung und Schweigen. Selbst auf alternative Vorschläge herschte betretene Stille . Als junger Mann, der praktisch das erste Mal aktiv mit einer solchen Sache befaßt ist, stellt sich mir die Frage:
Wie kann sich ein Bürger gegen eine Mauer aus Ignoranz und Unwillen wehren, bzw. seine eigenen Interessen durchsetzen???
Entweder, ich verliere den Mut (und das wird wohl von legislativer Seite gehofft...), oder ich versuche mit redlichen Mitteln und Ideen den Anlauf einer Änderung - oft scheint jedoch nur das Mittel der „ausserrechtlichen Zivilcourage“ zu wirken.
Im Fall des Gästehauses der Bremer Bürgerschaft z.B. wahrscheinlich das einzige wirkungsvolle Mittel, in dem Fall leider zu späte Aufregung. Ohnmacht ist für mich persönlich ein unerträgliches Mittel.
Alles scheint sich als Frage der Energie und des Arbeitsaufwandes herauszustellen - aber wohin führt es, wenn die Bürger die Arbeit der Verwalter machen? Da die Bürger gewohnt sind, daß das für sie erledigt wird, wird sich wohl nie etwas ändern, - es sei denn sie begreifen das und nehmen ihr Schicksal selbst in die Hände.
Jens Wilkening, 2800 Bremen 1
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