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Autoren zerstritten sich

■ Angriff gegen Klaus Höpcke auf der ersten deutsch-deutschen PEN-Tagung Diskussionen waren von der Suche nach neuer Rolle der Schriftsteller geprägt

Kiel (dpa) - Mit einem heftigen Streit um den ehemaligen stellvertretenden DDR-Kulturminister Klaus Höpcke ist am Wochenende in Kiel die Jahrestagung des bundesdeutschen PEN -Zentrums zu Ende gegangen. Drei Tage lang, von Donnerstag bis Samstag, hatten sich rund 90 bundesdeutsche Autoren und Übersetzer und zehn Gäste vom DDR-Zentrum der internationalen Schriftstellervereinigung gemeinsam um eine Neubestimmung ihrer Rolle nach den politischen Umwälzungen im Osten bemüht. Im Mittelpunkt der insgesamt 60 Lesungen und Diskussionsveranstaltungen in und um Kiel stand dabei auch die Frage der Vergangenheitsbewältigung in der DDR.

Hierüber kam es wenige Minuten vor Schluß der Tagung zur heftigen Kontroverse. Auslöser war die scharfe Kritik, die der 1977 aus der DDR ausgesiedelte Autor Hans-Joachim Schädlich an dem ehemaligen stellvertretenden DDR -Kulturminister und PEN-Mitglied Klaus Höpcke als SED -linientreu geübt hatte. In einer „Ehrenerklärung“ verteidigte daraufhin der Präsident des DDR-PEN, Heinz Knobloch, Höpcke. Diese „Ehrenerklärung“ wurde auf Beschluß des bundesdeutschen PEN-Präsidiums aber zunächst nicht verlesen, sondern nur im Tagungsbüro ausgelegt. PEN -Generalsekretär Hanns Peter Schwarze wollte damit verhindern, „daß die Verstrickung von einzelnen DDR-Autoren hier zum alleinigen Tagesordnungspunkt“ werde.

Als die Erklärung Knoblochs zugunsten Höpckes kurz vor Schluß der Tagung doch noch verlesen wurde, kam es zu lauten Protesten. Einige Autoren warfen dem Präsidium vor, es habe eine wichtige Diskussion zu unterdrücken versucht. Andere wandten sich dagegen, über Höpckes Vergangenheit in Kiel zu diskutieren.

Zuvor hatten die PEN-Mitglieder aus beiden deutschen Staaten beschlossen, anläßlich des neuen bundesdeutschen Ausländergesetzes eine gemeinsame Resolution gegen den Fremdenhaß in der Bundesrepublik und der DDR Anfang dieser Woche zu veröffentlichen. Bei allen anderen Diskussionen waren seit Beginn der Tagung die gemeinsame Suche nach einer neuen Rolle als Schriftsteller und völlige Zurückhaltung bei der Vergangenheitsbewältigung in der DDR betont worden.

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