piwik no script img

Cherchez la femme

■ Im Berliner Pokalfinale der Fußballfrauen schossen die Tennis-Borussinnen Brandenburg 03 zum Entsetzen der 300 ZuschauerInnen mit 7:0 vom Grün

Wedding (taz). Freunde, Verwandte und Vereinsmitglieder waren die rund 300 ZuschauerInnen, die beim Berliner Frauenfußball-Pokalfinale die Daumen drückten: Dort nämlich trafen die sechsfachen Gewinnerinnen Tennis Borussia auf die Außenseiterinnen von Brandenburg 03. Doch der Besuchertypus „abgewrackter Playboy“, in den siebziger Jahren ein dominierender Wegbegleiter dieser noch jungen Spielart, hielt sich diesmal wohlweislich im Hintergrund. Denn der Frauenfußball hat sich längst zu einer leistungs -orientierten Disziplin gemausert.

Das belegte auch die Partie an der Osloer Straße. Die ersten Akzente setzte die Frauschaft von Brandenburg 03, deren Akteurinnen modebewußt in knielangen Fritz-Walter -Hosen und jeweils einem roten und einem weißen Strumpf aufliefen. Doch damit schien die Eigenart dieser Frauenbewegung bereits erschöpft. Was folgte, ähnelte frappierend dem Vorbild männlicher Kollegen: Tennis Borussia schnürte die Gegnerinnen sofort in der eigenen Hälfte ein. Frühes Angreifen im Mittelfeld und eine knallharte Bewachung der Brandenburger Sturmspitzen führten schon nach einer Minute zum Erfolg. Nachdem dem „Alex“ Lietzeldt mit einem beinharten Weitschuß getroffen hatte, hieß es „1:0“.

Tennistrainerin Barbara Streuffert, die eher einer Kiez -Wirtin gleicht, forderte von ihren Schützlingen weiterhin totale Offensive. „Stören, stören“, oder „Los, nach vorne!“ schrie sie lautstark auf das Feld, so daß ihr Trainer -Pendant auf Brandenburger Seite wie ein schüchterner, verklemmter Souffleur wirkte.

Schneller, als den ZuschauerInnen lieb sein durfte, lag Brandenburg nach den ersten 40 Minuten mit 0:5 zurück. Die Fritz-Walter-Hosen konnten einfach kein Mittel finden gegen das moderne Flügelspiel einer Martina Holznagel und ihrer kongenialen Assistentin Kerstin Elger. Pausenlos fütterten sie ihre Linksaußin Gabi Görgens mit sehenswerten Pässen, für die sich die flinke Sprinterin mit mehreren Torerfolgen bedankte. Daß sich nur ein einziger Mann in Person des Schiedsrichters auf dem Spielfeld befand, wurde den BesucherInnen nur bei umstrittenen Entscheidungen des Schwarzkittels klar. „Mann, Schiri“, giftete mal Tennis Borussia, mal Brandenburg. Ein Glück, daß die Spielerinnen auf martialisch anmutende Showeinlagen nach Fouls verzichteten. Denn bei der Entschlossenheit, mit der die holde Weiblichkeit schon mal hinlangte, wäre der Unparteiische möglicherweise ins Schwimmen gekommen. So aber nahm das Spiel seinen gewohnten Lauf.

Kurz nach Wiederanpfiff hatte Trainerin Streuffert ein Einsehen und parodierte ihre ängstlichen Kollegen aus der Männerwelt: Martina Holznagel wurde auf die Bank beordert, dafür kam Langeweile in die Partie. Einzig Gabi Görgens erbarmte sich und half kräftig mit, das Endresultat auf 7:0 für Tennis Borussia zu schrauben und die ZuschauerInnen davon abzuhalten, vorzeitig zur U-Bahn oder Frittenbude zu pilgern.

Jürgen Schulz

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen