Mit 18 Stundenkilometern übers „Berliner Kissen“

■ Bilanz für das Verkehrsmodell Moabit: „Flächenhafte“ Verkehrsberuhigung brachte besonders für Kinder mehr Sicherheit / Ergebnisse jetzt veröffentlicht

Moabit. Als ein künftiges Modell „auch für den Bereich von Ost-Berlin“ bezeichnete gestern Bezirksbaustadtrat Horst Porath (SPD) die „flächenhafte“ Verkehrsberuhigung in dem Tiergartener Kiez zwischen Strom- und Berlichingenstraße, Alt-Moabit und Siemensstraße. Dabei berief er sich auf die über die Maßen positiven Ergebnisse einer Vorher-Nachher -Untersuchung, die für alle Interessierten nunmehr als Arbeitsheft „Umweltverträglicher Stadtverkehr“ vorliegen. Die auch für Laien in der verkehrspolitischen Diskussion verständliche Broschüre der Umweltverwaltung und des Tiergartener Bezirksamtes wird gegen eine Schutzgebühr von vier DM vom Kulturbuch-Verlag in der Passauer Straße4 in Schöneberg vertrieben.

Im Rahmen eines von verschiedenen Bundesbehörden getragenen Forschungsvorhabens, an dem außer Berlin noch fünf westdeutsche Gemeinden teilnahmen, wurden in Moabit 1984/85 zu Kosten von etwa fünf Millionen DM rund 100.000 Quadratmeter Straßenland fußgängerInnengerecht umgebaut. Hervorstechendes Bauelement: das „Berliner Kissen“, eine Pflastererhöhung als „fahrdynamische Bremse“ - insbesondere von Wagenlenkern mit tiefliegendem Frontspoiler gefürchtet. So registrierte gestern Umweltsenatorin Michaele Schreyer als ein Ergebnis erfreut „Fahrgeschwindigkeiten auf niedrigem Niveau“. Die durchschnittlichen Tempi im Gebiet haben sich von vorher 37 auf rund 18 Stundenkilometer reduziert, wobei die AutofahrerInnen nicht wie befürchtet auf umliegende Straßen auswichen. Allein der „ungeheure Sicherheitsgewinn“ rechtfertige den Straßenumbau, betonte Frau Schreyer mit Blick auf die erheblich gesunkenen Unfallzahlen. Wie die Senatorin hervorhob, sanken die Unfälle mit Kindern in dem verkehrsberuhigten Bereich im Vorher-Nachher-Vergleich um 73 Prozent, rund 36 Prozent weniger FußgängerInnen und 26 Prozent weniger RadlerInnen „verunfallten“.

Nach den Untersuchungen der Berliner Forschungsgruppe Stadtverkehr führten niedrige Geschwindigkeiten und eine gleichmäßige Fahrweise in Moabit auch zur Verringerung der Abgaswerte. Messungen des ADAC im Tempo-30-Gebiet in Buxtehude hatten ergeben, daß der Stickoxydausstoß um dreißig Prozent abnahm. Beim Kohlenmonoxyd reduzierte der Ausstoß sich um zwanzig Prozent. Erste Auswertungen für Berlin-Moabit durch das Umweltbundesamt ließen noch bessere Ergebnisse erwarten. Unterdessen möchten die Tiergartener Tiefbauer weitere Gebiete verkehrsberuhigen. Das betrifft einmal die „Demonstrationszone 5“ zwischen Kirchstraße, Alt -Moabit, Lüneburger Straße und Helgoländer Ufer, zum anderen den sogenannten Stephankiez zwischen Perleberger Straße und Quitzowstraße und das Westfälische Viertel zwischen Alt -Moabit und Levetzowstraße.

thok