Bonn macht Schluß mit der Zitterprämie

■ Momper verhandelte in Bonn über Reduzierung der Berlin-Subventionen / Berlin-Zulage für Arbeitnehmer soll 1991 entfallen / Bonn sagt Gesamtberlin direkte Folgekosten sowie „Hauptstadt„-Sondermittel zu / Regierender Momper hält vorgesehene Veränderungen für „tragfähig“

Bonn/West-Berlin. Die direkten und indirekten Subventionen Berlins sollen nach den Vorstellungen der Bundesregierung innerhalb von sieben Jahren abgebaut werden. Nach Verhandlungen des Regierenden Bürgermeisters Momper und des Finanzsenators Meisner in Bonn wurde bekannt, daß bereits zum nächsten Jahr die Subventionen im Berlin-Flugverkehr in Höhe von derzeit 100 Millionen Mark entfallen sollen. Wegfallen soll auch die „Zitterprämie“: Die ursprünglich wegen der unsicheren Lage der Halbstadt gezahlte Berlin -Zulage für Arbeitnehmer in Höhe von 8 Prozent des Bruttoeinkommens soll nur noch bis Juli 1991 gezahlt werden. Unangetastet bleiben sollen vorerst die direkten Subventionen des Berliner Landeshaushalts, die bei jährlich 13 Milliarden Mark oder nahezu 50 Prozent liegen.

Auf dem gestrigen Treffen der Ministerpräsidenten mit Bundeskanzler Kohl weigerten sich die Bundesländer, die Kosten für die absehbare Vereinigung Gesamtberlins aus dem gestern vereinbarten Länder-Fonds zur DDR -Anschubfinanzierung zu bezahlen. Allgemein wird anerkannt, daß dann auf den Landeshaushalt Berlins derzeit unabsehbare Kosten zukommen. Die Bundesregierung erklärte sich bereit, diese finanziellen Lasten zu übernehmen. Zusätzlich soll Gesamtberlin dann Sondermittel erhalten, wie sie gegenwärtig Bonn im Zusammenhang mit der Hauptstadtfunktion erhält. Nach Informationen aus dem Kanzleramt bezeichnete der Regierende Bürgermeister Momper die Veränderungen als „tragfähig“ für Berlin.

Als Fahrplan ist vorgesehen, daß die Bundesregierung noch in diesem Jahr ein Gesetz mit dem Ziel einbringt, die „Kosten der Teilung“ innerhalb von sieben Jahren abzubauen. Neben der Berlin-Subventionierung fällt darunter auch die bisherige Zonenrandförderung. Nach Informationen aus den beteiligten Ministerien hat man sich noch nicht darauf geeinigt, in welchen Stufen die Subventionen abgebaut werden sollen. Während der bayerische Ministerpräsident Streibl (CSU) bei der Zonenrandförderung längere Fristen verlangt, hielt der Hamburger Bürgermeister Voscherau (SPD) einen schnelleren Abbau der Zonenrandförderung für vertretbar, forderte aber für Berlin längere Übergangszeiten. Unterstützung erhielt die Stadt auch aus Schleswig-Holstein. Berlin könne „Vertrauensschutz“ bei den Direktzahlungen für sich reklamieren, so Ministerpräsident Engholm.

In welchen Schritten indirekte Subventionen abgebaut werden, wird im Finanzministerium derzeit noch erarbeitet. Man forsche dazu eine Vielzahl von Posten durch, wurde ergänzt. Die in Berlin engagierten Unternehmen werde man aber „nicht im Regen stehenlassen“, hieß es aus Regierungskreisen. Schließlich hätten sich etliche Betriebe ausschließlich wegen der Berlin-Förderung in Berlin engagiert; ein abrupter Wegfall komme deshalb nicht in Frage.

Die Alternative Liste bezeichnete die Bonner Pläne für die finanzielle Verteilung der Kosten der deutschen Vereinigung als eine „Kriegserklärung an Berlin“. Entgegen allen Versprechungen werde die Stadt die Hauptlast für den „unverantwortlichen Zeitplan der Einheit“ tragen, erklärte der AL-Abgeordnete Bernd Köppl. Die vorgesehene Streichung der Berlin-Zulage sei ein „Willkürakt“, der verhindert werden müsse.

Gerd Nowakowski