piwik no script img

Italien

■ betr.: "Rassistisch gefärbte "Ligen" erschüttern Italien", taz vom 9.5.90

betr.: „Rassistisch gefärbte 'Ligen‘ erschüttern Italien“,

taz vom 9.5.90

Ich frage mich, ob Werner Raith die jüngsten Wahlerfolge der verschiedenen „Ligen“ nicht zu sehr aus der Perspektive des Machtzentrums Rom beurteilt. Mit der impressionistischen Erwähnung einiger Wahlparolen und dem Hinwerfen von emotionalisierenden Schlagworten wie „Ghettos“ für SüditalienerInnen weckt der Verfasser oberflächliche Vorurteile, anstatt sachlich über die höchst vielfältige Problemlage zu informieren.

Die „Ligen“ als autonomistische Regionalparteien - schon seit Jahrzehnten, nicht erst seit „vier“ Jahren und nicht nur in Nord-, sondern auch Süditalien aktiv - spiegeln nicht nur den jahrhundertealten „Nord-Süd-Konflikt“ wider, sondern auch den Zentrum-Peripherie-Konflikt. Die von ihnen angestrebte Autonomie sehen sie als einziges Mittel zur Erlangung einer materiell und rechtlich abgestützten Eigenständigkeit gegenüber einer auch ihre jeweilige ethnische Identität bedrohenden wirtschafts- und sozialpolitischen Italianisierungspolitik an. Ihr negatives Verhältnis zum „Süden“ spiegelt eher das jahrzehntelange Versagen der Mezzogiorno-Politik der römischen Zentralregierung und der regionalen Strukturpolitik der EG wider als die zugegebenermaßen bestehende, ihrerseits aber nicht ohne Kenntnis jahrhundertealter kulturhistorischer und sozial- und wirtschaftsgeschichtlicher Zusammenhänge verstehbare tiefliegende Antipathie gegenüber den „mori“.

Nicht zuletzt will ich in diesem Zusammenhang darauf hinweisen, daß sich in der Bewegung des autonomistischen Regionalismus in Italien - wie auch in anderen europäischen Ländern - erste Ansätze zu einer europäischen Föderation autonomer Regionen abzeichnet.

Dr.Lutz Roemheld, Fröndenberg

Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen

Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen