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Töpfer will Verpackungslawine bremsen

■ Handel soll zur Rücknahme von Joghurtbechern und Plastikflaschen gezwungen werden / Präsentationsverpackungen können die Kunden gleich an der Kasse zurücklassen

Erst Zuckerbrot, dann Peitsche: Nachdem die Flut von Verpackungsmaterial mit Appellen an Industrie und Verbraucher nicht zu stoppen ist, greift Bundesumweltminister Klaus Töpfer (CDU) zum letzten Mittel: Verordnung. Gestern stellte er in Bonn einen Entwurf vor, der Industrie und Handel dazu verpflichtet, Verpackungsmaterial zurückzunehmen und wiederzuverwerten. Handhabe dafür ist das Abfallgesetz in seiner zuletzt 1986 geänderten Fassung.

Töpfers Konzept sieht vor, daß die Lieferanten alle Verpackungen ihrer Waren zurücknehmen müssen. Sogenannte Umverpackungen, die nur der Präsentation oder dem Schutz vor Diebstahl dienen, sollen die KundInnen direkt an der Kasse zurücklassen. Auf alle Getränkebehälter, also Milchtüten, Wein- und Spitituosenflaschen, wird ein Pfand erhoben. Die Läden werden verpflichtet, die Verpackungen „vorrangig“ zu verwerten. „Wenn wir nicht handeln, droht der Entsorgungsnotstand“, prophezeit Töpfer. Städte und Gemeinden sollen dem Entwurf entsprechend nicht mehr zur Entsorgung des Verpackungsmülls gezwungen sein. Es soll dem Handel überlassen bleiben, ob er das Verpackungsrecycling in eigener Regie organisiert oder ein Unternehmen damit beauftragt. Man wolle der Wirtschaft nicht die Wege vorschreiben, aber „die Kosten sind von der Wirtschaft zu erbringen“. Falls Läden sich weigerten, Becher und Pappkartons zurückzunehmen, müßten sie mit einem Bußgeld rechnen.

Mit seinem Entwurf ist der Bundesumweltminister weitgehend auf die Linie der Grünen eingeschwenkt, die schon seit ihrem Einzug in den Bundestag 1982 für Abfall -Rücknahmeverpflichtungen eintreten. Optimistisch ist Töpfer über die Durchsetzung seines Konzepts. Er hofft, den Entwurf bis zur Sommerpause durch das Kabinett und noch vor Ende der Legislaturperiode durch den Bundestag zu bringen. Dabei verläßt er sich auf die Unterstützung der Länder -Umweltminister: „Sie drücken unglaublich“.

MLE

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