: OFD-Präsident weiter im Zwielicht
Vor dem U-Boot-Untersuchungsausschuß offenbart die Kieler Ermittlungsbehörde ein überraschendes Maß an Leichtgläubigkeit / Mit einer Rückzahlung der zwei Millionen DM Lizenzgebühr sollte die Sache erledigt sein ■ Aus Bonn Gerd Nowakowski
Der Präsident der Oberfinanzdirektion Kiel, Hansen, wies den Vorwurf des Abgeordneten Wischnewski (SPD) zurück, er habe den Firmen Tips gegeben, wie sie „den Kopf aus der Schlinge ziehen könnten“. Hansen hatte den am U-Boot-Geschäft beteiligten Firmen kurz nach Einstellung eines Ermittlungsverfahrens Anfang 1988 geraten, die von Südafrika überwiesenen 2 Millionen DM Lizenzgebühren zurückzuzahlen. Die Howaldtwerke-Deutsche Werft (HDW) und das Ingenieur -Kontor Lübeck (IKL) hatten zuvor den Erhalt der Summe ein Jahr lang gegenüber der ermittelnden Oberfinanzdirektion verschwiegen. Im Vertrag mit Südafrika war eine Lizenzzahlung für den Fall des Baubeginns in Südafrika vereinbart. Hansens Tip war kürzlich den Staatsanwälten bei der Beschlagnahme von HDW-Unterlagen bekanntgeworden.
Hansen erklärte in Bonn, er habe für die Rückzahlung plädiert, weil die Firmen versichert hätten, mit den gelieferten Unterlagen lasse sich kein U-Boot bauen, ergo auch keine Produktion aufnehmen. Vorhaltungen der Opposition, die Zahlung sei als „schwerwiegendes Verdachtsmoment“ für falsche Angaben der Firmen über den Lieferumfang anzusehen, wollte sich Hansen nicht zu eigen machen. Er betonte, er habe nach dem Bekanntwerden der Zahlung eine erneute Außenwirtschaftsprüfung bei den Firmen angeordnet, die aber keine neuen Erkenntnisse erbrachte.
Hansen widersprach der Zeugenaussage des Regierungsdirektors aus dem Bundesfinanzministerium, Wewel, er habe im Sommer 1987 den Einsatz der Zollfahndung wegen der bevorstehenden Landtagswahlen in Schleswig-Holstein abgelehnt. Hansen will höchstens an die Wirkung in der Öffentlichkeit erinnert haben, die ein Einsatz der Zollfahndung auslösen würde. Weil die Firmen selber kleine Lieferungen nach Südafrika eingestanden hätten, habe er den Einsatz der Zollfahndung nicht für notwendig gehalten.
Der ehemalige Unterabteilungsleiter im Bundesfinanzministerium, Stenger, hatte zuvor erklärt, er habe die Oberfinanzdirektion Kiel im Juli 1987 auf Ermittlungslücken hingewiesen. Stenger bezog sich dabei auf einen von Wewel vorgelegten Bericht mit Hinweisen auf eine Fortführung des Geschäfts. Dennoch wurde bereits kurze Zeit später, Ende August 1987, in einem Gespräch bei Minister Stoltenberg über die von der OFD Kiel vorgeschlagene Einstellung des Verfahrens beraten, ohne daß den Wewel -Beanstandungen nachgegangen wurde. Stenger will auch Stoltenbergs Staatssekretär Obert vorgeschlagen haben, die Ermittlungen an die Staatsanwaltschaft abzugeben, nachdem sich der Verdacht eines Geheimnisverrats ergab. Wewel hatte darauf verwiesen, daß nach Südafrika die Pläne von für Indien bestimmten U-Booten geliefert wurden. Entschieden wurde nach Stengers Darstellung, einen entsprechenden Hinweis an die OFD weiterzureichen, das weitere Verfahren aber der zuständigen Kieler Behörde zu überlassen, um sich nicht dem möglichen Vorwurf der Ermittlungsbeeinflussung durch die Firmen auszusetzen. Der ehemalige Unterabteilungsleiter versicherte außerdem, er habe auch bei dem Gespräch mit Minister Stoltenberg auf den Verdacht eines Geheimnisverrats hingewiesen. Im Protokoll des Gesprächs taucht das nicht auf.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen