: Streit um Wahlen
■ Termin für gesamtdeutsche Wahlen weiter umstritten / Auch DDR-Parteien für mehr Zeit / Lambsdorff auf Brautschau
Hamburg (dpa) - Im Streit um den Termin für Gesamtdeutsche Wahlen zeichnet sich zwischen der Bonner Koalition und der SPD-West kein Kompromiß ab: Die Sozialdemokraten lehnten am Wochenende den von der Regierungskoalition befürworteten frühestmöglichen Termin - 2. Dezember oder 13. Januar erneut strikt ab.
Auch Vertreter der DDR-CDU und der DDR-SPD stehen dem Druck der Bonner Koalition eher zurückhaltend gegenüber und sprechen sich für mehr Zeit für den schwierigen Einigungsprozeß aus. Nach Ansicht von DDR-Regierungschef Lothar de Maiziere (CDU) müssen vor gesamtdeutschen Wahlen zunächst die Rahmenbedingungen für einen Beitritt der DDR nach Artikel 23 Grundgesetz ausgehandelt werden.
Sowohl CDU-Generalsekretär Volker Rühe als auch der FDP -Vorsitzende Otto Graf Lambsdorff warnten dagegen davor, eine einmalige historische Chance durch einen späten Wahltermin zu verpassen. Lambsdorff erklärte am Samstag auf dem kleinen FDP-Parteitag in Kassel, ein Wahltermin schon am 2. Dezember oder Mitte Januar liege auch im Interesse der DDR. Er verlangte ferner, daß jetzt, nach der Unterzeichnung des deutsch-deutschen Staatsvertrages, möglichst bald ein Termin für den Beitritt der DDR zur Bundesrepublik nach Artikel 23 des Grundgesetzes festgelegt wird: „Wir sind bereit, der Braut den Unterhalt zu zahlen, sie soll aber jetzt auch bald das Heiratsdatum nennen.“
Führende bundesdeutsche SPD-Politiker lehnten dagegen eine überhastete Vereinigung der beiden deutschen Staaten mit dem Dezember-Termin ab. So seien ein zweiter Staatsvertrag über wichtige innenpolitische Fragen und eine deutsch-deutsche Abstimmung über eine gemeinsame Verfassung bis Anfang September nicht zu schaffen, meinte die stellvertretende SPD -Vorsitzende Hertha Däubler-Gmelin. Bis zu diesem Termin aber „müßte nach unseren Gesetzen alles unter Dach und Fach sein, um Kohls Terminvorschlag zu halten“. Wolfgang Clement von der Düsseldorfer Staatskanzlei meinte, daß der Wahltermin „eher in zwei Jahren als in einem“ sein sollte.
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