: Diestel gibt schwarzen Peter ab
■ DDR-Innenminister: Ex-Stasi-Leute wurden bereits vor der Regierungsbildung im Ministerium eingestellt / Will DSU-Chef Ebeling der CDU beitreten? / Gauweiler für Ausdehnung der CSU nach Sachsen und Thüringen
Berlin (afp/ap/taz) - Ungeachtet aller Kritik an Innenminister Peter-Michael Diestel aus dem bundesdeutschen Parteienspektrum und jetzt auch der DDR-SPD hält ein Verein der DSU die Stange: die CSU. Und das, obwohl es mittlerweile auch in der östlichen Schwesterpartei Kontroversen zu geben scheint. Einem Bericht der 'Welt‘ zufolge soll sich der Parteivorsitzende und Entwicklungshilfe-Minister Hans -Wilhelm Ebeling mit der Absicht tragen, zur CDU überzutreten. Begründung: „rechtsradikale Tendenzen“ in der DSU. CSU-Chef Theo Waigel erklärte zu den Ebeling -Spekulationen, das ändere nichts daran, „daß die DSU ihre Struktur finden und die Zusammenarbeit zwischen DSU und CSU intensiviert werden wird“.
Einen andern Weg zum gleichen Ziel - zur Stärkung der CSU -Position in der DDR - möchte der Münchner CSU-Chef und Staatssekretär Peter Gauweiler einschlagen: In einem Interview mit 'Bild am Sonntag‘ sprach er sich für eine Ausdehnung der CSU nach Sachsen und Thüringen aus. Viele in der Schwesterpartei DSU, so meinte er, würden lieber heute als morgen in einer örtlichen CSU aufgehen. Gauweiler äußerte zugleich die Befürchtung, der Einfluß der CSU und Bayerns könne in einem vereinigten Deutschland abnehmen.
In Berlin wies das Innenministerium am Wochenende in einer von der DDR-Nachrichtenagentur 'adn‘ verbreiteten Erklärung darauf hin, daß die ehemaligen Stasi-Mitarbeiter, die gegenwärtig in der Behörde arbeiten, bereits vor dem Amtsantritt Diestels eingestellt worden seien. Dabei handele es sich um 2.350 Angestellte, die entsprechend einer Entscheidung des Runden Tisches ausgesucht worden seien. Rückwirkend seien alle Einstellungen von einem Arbeitsstab im Innenministerium unter Leitung eines Regierungsbeauftragten überprüft und, wenn nötig, rückgängig gemacht worden.
Das Innenministerium reagierte damit auf einen Antrag des Parteirats der DDR-SPD, der die Volkskammerfraktion seiner Partei am Samstag aufgefordert hatte, die Frage zu prüfen, ob Diestel das Mißtrauen ausgesprochen werden solle. Es entstehe der Eindruck, heißt es im Antrag, als wolle der Minister nicht die „kriminellen Aktivitäten des früheren Staatssicherheitsdienstes und des SED-Parteiapparats aufdecken, sondern sie vertuschen“. SPD-Geschäftsführer Stefan Hilsberg hatte am Freitag DDR-Ministerpräsident Lothar de Maiziere aufgefordert, Diestel aus der Regierung auszuschließen.
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