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Wirbel bei Handelsbeziehungen zwischen UdSSR und BRD/DDR

■ Haussmann und BRD-Industrie besorgt wegen Zahlungsschwierigkeiten / Ryschkow: Alles wird gut / DDR soll Brückenkopf werden

Moskau (dpa) - Was hat Kanzlerberater Horst Teltschik vor zwei Wochen in Moskau gemacht? Das fragten sich nicht nur führende westdeutsche Industrielle nach der 18. Sitzung der deutsch-sowjetischen Wirtschaftskommission gestern in Moskau. Auch Bundesaußenminister Hans-Dietrich Genscher und Wirtschaftsminister Helmut Haussmann sind offenbar immer noch nicht informiert worden. Haussmann war die Verblüffung anzumerken, als Ministerpräsident Nikolai Ryschkow und sein sowjetischer Verhandlungspartner Iwan Silajew von ihm forderten, den bundesdeutschen „Vertrauensschutz“ für DDR -Lieferungen in Mark und Pfennig in das Kommunique der zweitägigen Wirtschaftsverhandlungen aufzunehmen und daß dabei auch die Stationierungskosten geregelt werden sollten.

Haussmann seinerseits versuchte zu überzeugen und den Blick auf die Zukunft zu lenken: Deutschland und die Sowjetunion müßten ihre führende Rolle in den Wirtschaften West- und Osteuropas für eine „wirtschaftspolitische Sicherheitsparterschaft“ nutzen. Das vereinte Deutschland werde für die Sowjetunion der bei weitem größte Handelspartner sein, betonte Haussmann. Die DDR sei und bleibe der „Spezialist für den RGW“, für den Handel mit den ehemals sozialistischen Ländern. Die Sowjetunion solle die Chance erweiterter Handelsbeziehungen mit Deutschland ergreifen, sich in den EG-Handel und die Weltwirtschaft zu integrieren.

Die Ziele der Sowjetunion sind handfester. Die Sowjetunion steht mitten in ihrer größten Staats- und Wirtschaftskrise. Sie will vor allem gesichert sehen, daß ihr größter Außenhandelsparter, die DDR, weiterhin Maschinen und Konsumgüter liefert, damit sich die Versorgungslage nicht weiter verschärft. 1991 will sie dafür auch in harter Währung bezahlen und im Gegenzug Erdgas und andere Rohstoffe zu Weltmarktpreisen gegen D-Mark verkaufen. Haussmann wünscht den Bau einer zweiten Erdgasleitung von der UdSSR nach Deutschland. Gespräche darüber seien auch schon zwischen der DDR und der UdSSR geführt worden. Erdgas ist das Hauptausfuhrgut der UdSSR in die Sowjetunion. Der DDR -Anteil am sowjetischen Außenhandel betrug 1989 etwa zehn Prozent, der Anteil der Sowjetunion am DDR-Außenhandel rund 40 Prozent.

Die Fortsetzung der Lieferungen an die Sowjetunion ist für die DDR in eingeschränktem Umfang schon aus beschäftigungspolitischen Gründen sehr wichtig. Für manche DDR-Betriebe könnte es sich auch rechnen. Wichtig ist dabei vor allem für den Rest dieses Jahres, zu welchem Kurs abgerechnet wird. Nach Haussmanns Ansicht könnte der Transferrubel, der derzeit 4,67 Ostmark „wert“ ist, wie bei der Währungsunion 2:1 abgewertet werden und mit 2,34 DM bewertet werden.

Die bundesdeutsche Industrie ist nicht bereit, alle bisherigen DDR-Lieferverpflichtungen zu garantieren. Nach Ansicht des Vorsitzenden des Ost-Ausschusses der deutschen Wirtschaft, Otto Wolff von Amerongen, muß sich die Sowjetunion damit abfinden, daß einige DDR-Lieferbetriebe „über die Wupper gehen“, und Ersatzprodukte akzeptieren. Es sollte auch für die Sowjetunion ein Vorteil sein, sich auf neue Produkte umzustellen, statt auf veralteten zu bestehen.

Ernsthafte Sorgen macht sich Wolff über die Zahlungsmoral der Sowjetunion. Eine Milliarde Mark Schulden, die in den letzten Monaten aufliefen, müßten bald beglichen werden, forderte er, sonst müsse das künftig auf die Preise aufgeschlagen werden. Da die Sowjetunion ihre Staatsanleihen noch ohne Verzug bedient, glaubt die Wirtschaft noch an „Übergangsprobleme“ durch die Dezentralisierung der sowjetischen Wirtschaft. Wolff warnte davor, diese nicht schnellstens zu beheben. Über Zusagen Teltschiks, die Stationierungskosten für sowjetische Truppen auf dem Gebiet der DDR zu übernehmen, wußte auch er nichts.

Im Gegensatz zu den westlichen Klagen hat der sowjetische Ministerpräsident Ryschkow die Erwartung geäußert, daß es mit den sowjetisch-deutschen Wirtschaftsbeziehungen aufwärts gehen werde.

Burkhard Rexin

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