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70.000 wollen arbeiten

■ Senatorin Stahmer widerlegt Vorurteile über Sozialhilfeempfänger / Die Betroffenen sind meist motiviert

West-Berlin. Die meisten haben keinen Bock auf „Stütze“. Ihre Chancen auf einen (Wieder-)Einstieg ins Berufsleben sind jedoch gering - und die Jobs, die es für sie gäbe, zumeist ungeeignet. Knapp die Hälfte der in West-Berlin registrierten 140.000 Sozialhilfeempfänger wäre Willens und in der Lage zu arbeiten.

Nach einer repräsentativen Studie, die die Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales gestern veröffentlichte, sind 45 Prozent der Befragten arbeitswillig und nicht durch gesundheitliche oder andere Beeinträchtigungen an der Aufnahme einer Beschäftigung gehindert. Von den restlichen 55 Prozent seien viele etwa wegen Krankheiten oder fehlender Kinderbetreuung nicht fähig zu arbeiten. Nur ein kleiner Teil vor allem jüngerer Sozialhilfeempfänger lehne Arbeit ab. „Entgegen gängigen Vorurteilen sind Sozialhilfeberechtigte trotz ihrer schwierigen Situation meist arbeitsmotiviert“, resümierte Sozialsenatorin Ingrid Stahmer die Ergebnisse der Studie, die nach Angaben ihres Hauses zum ersten Mal repräsentativen Einblick in die Lebensverhältnisse von Sozialhilfeempfängern gibt. Dabei hätten sich große Unterschiede zwischen der Gruppe der 18 bis 34jährigen und den älteren Bedürftigen ergeben. Den Jüngeren fehlten oft die Voraussetzungen für eine dauerhafte Beschäftigung, weil sie ihre Ausbildung abgebrochen hätten. Vielfach hätten sie eine „schwierige Kindheit und Jugend“ erlebt, Drogenmißbrauch sei bei ihnen ein viel größeres Problem als bei anderen Gleichaltrigen. Viele der Jüngeren seien „auf der Suche nach anderen Formen und Inhalten von Arbeit“.

Ein anderes Bild bietet sich bei der Gruppe der älteren Sozialhilfeempfänger. „Sie hat einen ausgeprägten Willen zur Arbeit und empfindet den Sozialhilfebezug als eine Schande“, lautet eines der Ergebnisse der Untersuchung. Doch stünden bei diesen Menschen oft „Krankheit, Alkohol und Demotivation“ etwa durch hohe Schulden oder lange Arbeitslosigkeit einer Beschäftigung im Wege.

Auch zwischen Männern und Frauen ergaben sich große Unterschiede. So hätten 42 Prozent der Frauen ihre Erwerbstätigkeit wegen Kindererziehung oder Heirat beendet, bei 43 Prozent der Männer sei dagegen die Entlassung ausschlaggebend. Wegen fehlender Möglichkeiten für die Kinderbetreuung sei „die gegenwärtige Arbeitsorientierung bei den Frauen ausgesprochen gering“.

ap

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