: „Wir hatten unser Ziel fast erreicht“
Die Contras „Franklin“ und „Ruben“ / Vom Bauernsohn zum Guerilla-Führer in Nicaragua ■ P O R T R A I T
Einen Termin mit zwei Ministern in Managua, wo die Garantien und Sozialleistungen für entwaffnete Contras und die Größe der geplanten Ansiedlungsprojekte diskutiert werden sollten, ließen die Comandantes letzte Woche sogar platzen. Die Regierung und die internationale Verifizierungskommission, die die Demobilisierung abwickeln soll, werden hingehalten. An der Spitze der widerspenstigen Contra-Truppen stehen jetzt zwei ehrgeizige Bauernsöhne, die schon einmal mithalfen, die Antisandinisten vor dem Untergang zu bewahren. Jetzt wollen sie versuchen, ihre Truppen als politisches Druckmittel einzusetzen.
Als am 23. März 1988 im Grenzdorf Sapoa das Abkommen unterzeichnet wurde, das die schrittweise Auflösung der Contras besiegelte, standen Israel Galeano, alias Comandante „Franklin“, und Oscar Sobalvarro, alias „Ruben“, an der Spitze derjenigen Contras, die innerhalb von Nicaragua operierten. Der von den Comandantes „Tono“ und „Fernando“ unterschriebene Waffenstillstandsvertrag erschien ihnen als Verrat. „Wir waren damals militärisch in guten Konditionen und hatten unser Ziel fast erreicht“, meint „Franklin“ heute. Damals hatte er eine Großoffensive empfohlen. „Die Verräter“, so glaubt er, „gehorchen Weisungen des US -Außenministeriums und nicht unseren Interessen.“
Die Contra-Organisation wurde gestrafft und reformiert. Junge Feld-Comandantes wie Israel Galeano und Oscar Sobalvarro, die noch nicht von Dollargehältern und dem luxuriösen Leben in Miami verdorben waren, rückten in Führungspositionen auf. Die ehemaligen Nationalgardisten der Somoza-Diktatur, die sich durch ihre Grausamkeit auszeichneten, aber militärisch wenig zu bieten hatten, wurden fast ganz aus dem Generalstab entfernt. Die neue Generation kam von der Basis und war sich einig in ihrem Mißtrauen gegenüber den Schreibtisch-Kommandanten, die sich an den Geldern aus Washington bereicherten und wenig Interesse hatten, ihre Haut aufs Spiel zu setzen.
In den ersten Jahren hatten sich die Contras auf Überfälle im Norden und Süden Nicaraguas beschränkt - immer in der Nähe der schützenden Grenze. Oder sie überließen Aktionen sogar ganz CIA-Kommandos, wie die Verminung der Seehäfen 1984. Gegen die Infanterietruppen der sandinistischen Armee waren sie durch eine langsam aufgebaute soziale Basis geschützt, die bis weit ins Landesinnere ging. Und mit Hilfe der seit 1985 gelieferten Stinger-Raketen agierten sie gegen die todbringenden Kampfhubschrauber, wurden die Contras nach und nach zu einer regulären Guerilla-Armee. Als FSLN-General Humberto Ortega 1988 die „strategische Niederlage der Konterrevolution“ verkündete, waren zwar die Nachschublinien und die Lager an den Grenzen zerschlagen, doch in den Bergen von Boaco und Chontales operierte eine sogar noch stärker werdende antisandinistische Guerilla.
„Franklin“ und „Ruben“, beide knapp 30 Jahre alt, kommen aus konservativen Kaffeepflanzerfamilien im Norden. „Ruben“ sympathisierte anfangs sogar mit den Sandinisten, wandte sich aber schon 1980 von der Revolution ab. Während der Alphabetisierungskampagne widerten ihn die politischen Inhalte, die vermittelt werden sollten, an. Die sich formierende Contra bestand damals aus der von Oberst Enrique Bermudez geleiteten „Legion 15. September“ und war ein Sammelbecken für versprengte Nationalgardisten in Honduras. „Franklin“ schloß sich 1982 an. „Franklin“ wurde Mitte 1988 als Operationschef in den Generalstab bestellt. „Ruben“ wurde damals Verantwortlicher fürs Personal. Durch den Wahlsieg der konservativen „Uno“ kamen die beiden Contra -Comandantes, die bis dahin vor allem im Weißen Haus als „Freiheitshelden“ galten, über Nacht ins öffentliche Interesse. Umschmeichelt von Violetta Chamorros Regierung und umschwärmt von internationaler Presse, befinden sich die Comandantes am Höhepunkt ihrer Karriere. Kein Wunder, daß es ihnen mit der Demobilisierung nicht so eilig ist.
Ralf Leonhard
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