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Die Hebel für den Ausstieg

■ Die rot-grünen Koalitionsverhandlungen in Niedersachsen

Die Basis der niedersächsischen Grünen soll gejubelt haben, als ihr am Samstag in Hannover hinter verschlossenen Türen der Stand der rot-grünen Verhandlungen über die Atompolitik eröffnet wurde: Das Akw-Stade zuerst abschalten, die Atomanlagen im Landkreis Lüchow-Danneberg ohne Zukunft, die niedersächsischen Koalitionäre einig gegen die Endlager Gorleben und Schacht Konrad. Klarstellen, daß es keine sicheren Endlager gibt, daß die „Entsorgungsnachweise“ für alle bundesdeutschen Akws bisher nur auf dem Papier existieren und danach über den fehlenden Entsorgungsnachweis der Akw-Industrie den Garaus machen. Dies war schon immer die erklärte Strategie nicht nur der Atomexperten des grünen Landesverbandes.

Die niedersächsische SPD hat sich in den Verhandlungen auf diese grüne Position zubewegt. Auch sie will jetzt „keine Politik, die Entsorgungsnachweise liefert, damit die Atomkraftwerke noch möglichst lange laufen können“. Bei den Grünen wird sich dennoch bald Ernüchterung breitmachen. Die Koalitionäre wollen bei dem Ausstieg aus den Atomprojekten „nach Recht und Gesetz“ verfahren. Verfügungen, die der Bundesumweltminister gestützt auf das Kalkar-Urteil des Bundesverfassungsgerichts wieder kassieren kann, wären ohnehin reine Willensbekundungen der künftigen Landesregierung. Die Bürgerinitiativen, die in Niedersachsen einen Gutteil der grünen Basis stellen, fordern aber mehr, als der Handlungspielraum einer Landesregierung hergibt.

Die niedersächsischen Koalitionäre beider Seiten überlegen zur Zeit etwa, das Endlager Schacht Konrad durch endloses Hinausziehen des Genehmigungsverfahrens sterben zu lassen. Ein Abbruch des Verfahrens, so fürchten sie, hätte nur Weisungen aus Bonn zur Folge. Die Konrad-Gegner aus Salzgitter aber wollen das Endlager jetzt und endgültig loswerden, wollen das von den Grünen versprochene Wort Abbruch in der Koalitionsvereinbarung sehen. Die Grünen ihrerseits müssen befürchten, daß die SPD mit einer Strategie des Hinauszögerns Schacht Konrad am Ende doch noch zur Atommüllkippe machen will. Im Landkreis Lüchow -Dannenberg gehen die Blockaden weiter. Rot-Grün will keine weiteren Genehmigungen für den Bau der Pilotkonditionierungsanlage erteilen. Die Bürgerinitiative vor Ort will deren Bau jetzt stoppen. Die große Blockade kommt, wenn der Betreiber des Gorlebener Zwischenlagers von seiner rechtskräftigen Genehmigung zur Einlagerung abgebrannter Brennelemente Gebrauch macht. Werden dann die Begriffe „Recht und Gesetz“ eng ausgelegt? Soll dann die Polizei gegen die grüne Basis ausrücken? Spätenstens dann wird sich klären, ob eine künftige rot-grüne Regierung das Wendland von hochradioaktivem Müll freihalten will und kann.

Jürgen Voges, Hannover

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