Häftlingsrevolte in „Santa Fu“

150 Strafgefangene halten Hamburger Knast besetzt / Forderungen: humaner Strafvollzug, Abschaffung der „Sicherungstruppe“ und des Isolationstrakts „Dora“ / Justizsenator knüpft Gespräche an Bedingungen  ■  Aus Hamburg Kai von Appen

In der Haftanstalt Hamburg-Fuhlsbüttel („Santa Fu“) ist am Montag abend eine Häftlingsrevolte ausgebrochen. Über 150 Gefangene halten seither einen Teil des Knastes besetzt, während zwei von ihnen auf dem Dach der Anstaltkirche ausharren. Die Gefangenen fordern die Abschaffung der „Dora“ -Isolationstrakte, die Ablösung des Anstaltsleiters und die Auflösung der knastinternen „Sicherungstruppe“ sowie einen humaneren Strafvollzug mit sozialtherapeutischer Betreuung. Hamburgs Justizsenator Wolfgang Curilla (SPD) lehnte bis zum gestrigen Abend direkte Gespräche mit den Gefangenen ab, solange die Revolte andauere. Ein Polizeiaufgebot steht zwar in Bereitschaft, griff jedoch bis zum gestrigen Abend nicht ein.

Auslöser der Rebellion war die Verhängung einer Disziplinarstrafe gegen den als Bankräuber verurteilten Michael Jauernik. Er weigerte sich, die Strafe im Isolationstrakt „Dora“ anzutreten und flüchtete mit dem wegen Mordes verurteilten Insassen Harald Ruthenberg über einen Fernsehraum auf das 35 Meter hohe Dach der Knastkapelle. Nach Angaben der Justizvollzugsanstalt war eine Luke nach Reparaturarbeiten nicht ordnungsgemäß verschlossen worden.

Rund 250 Knackis solidarisierten sich spontan mit der Aktion der beiden, weigerten sich nach dem Umschluß, ihre Zellen aufzusuchen und versammelten sich auf dem Hof eines Traktes. Über Nacht harrten 150 Insassen im Freien aus und hielten diesen Teil von „Santa Fu“ besetzt.

Jusitzsenator Curilla signalisierte zwar gestern grundsätzliche Bereitschaft, eine Delegation der Knackis zu empfangen und über eine Verbesserung der Haftbedingungen zu verhandeln, verlangte allerdings als Vorbedingung, daß alle Gefangenen zuvor ihre Zellen aufsuchen müßten. Alles andere sei für ihn „reine Erpressung“. Die Knackis lehnten es gestern nachmittag jedoch kategorisch ab, auf Curillas Forderung einzugehen.

Für die Grün-Alternative Liste kam die Revolte nicht überraschend. Seit Monaten hatte die GAL die schleichende Verschärfung des Strafvollzuges durch Hamburgs Sozialdemokraten angeprangert und eine Auflösung der „Dora„ -Isolationstrakte - von der Jusitzbehörde „Disziplinartrakte“ genannt - gefordert. In die Schlagzeilen geriet „Santa Fu“ in den letzten Wochen auch, weil sich zwei Gefangene erhängt hatten.

Auch gestern wies die Jusitzbehörde jegliche Kritik von sich. Eine Sprecherin betonte, daß in „Santa Fu“ mit der liberalste Strafvollzug der Bundesrepublik praktiziert werde. Insofern sei die Justizbehörde von der Rebellion der Knackis überrascht.