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Abschreckungs-Asyl „Friesenstraße“

■ Standards für neuankommende AsylbewerberInnen werden systematisch verschlechtert

Früher war in dem Bürogebäude im Steintorviertel die Berufsberatung des Arbeitsamtes untergebracht. Seit Mitte März steht auf dem Schild neben dem zurückgesetzten Eingang: „Übergangswohnheim Friesenstraße“. In den umgebauten Büroräumen leben 48 AsylbewerberInnen, meistens kinderreiche Großfamilien: Roma aus Polen und KurdInnen aus der Türkei, dazu zwei Flüchtlinge aus Sri Lanka und zwei AsylbewerberInnen aus dem Iran. Fast alle warten auf den „Umverteilungsbescheid“. Und es dauert mindestens drei bis acht Monate, bis endgültig feststeht, ob jemand in ein anderes Bundesland „umverteilt“ wird.

Den Räumlichkeiten ist anzusehen, daß sich die Bewohner Innen nicht heimisch fühlen. Die Toiletten sind völlig verdreckt, der Büro-Teppichboden fleckig. Aber heimisch fühlen sollen sich die neuankommenden Flüchtlinge auch gar nicht mehr. Denn, so erläuterte Karl Bronke, der zuständige Abteilungsleiter der Sozialsenatorin, es kämen zur Zeit einfach überdurchschnittlich viele Neuankömmlinge nach Bremen: „Und wenn wir die in normale Wohn- und Lebensumstände bringen, ist es für die dann schwer zu begreifen, daß wir die von Bremen nach Hessen umverteilen.“

Das „Übergangswohnheim

Friesenstraße“ ist in gewisser Hinsicht ein „Bremer Modell“. Wie schon zuvor im Lloydhotel sind hier AsylbewerberInnen so untergebracht, daß sie zwangsweise gemeinschaftsverpflegt werden und nur 40 Prozent der Sozialhilfe in bar ausgezahlt bekommen. Dieses Abschreckungs-Modell soll Schule machen. Am Dienstag beschloß der Senat, künftig alle neuankommenden AsylbewerberInnen unter diesen erschwerten Bedingungen leben zu lassen. Der Innensenator will dann dafür sorgen, daß die Zuteilungsbescheide schon nach zwei bis vier Wochen rausgeschickt werden.

Wie lebt es sich im „Über

gangswohnheim Friesenstraße“? Shala Ahmadi, die Iranerin, die vor zweieinhalb Monaten mit ihrer Tochter aus Teheran nach Bremen geflohen ist, spricht perfekt Englisch. „Ich bin eine Frau mit Bildung“, betont sie. „Ich bin Krankenschwester.“ Dann bricht es aus ihr heraus: „Es ist schwierig, in so einem schrecklichen Platz zu leben. Es ist so schmutzig. Den ganzen Tag lang versuche ich, wenigstens den Flur sauberzuhalten. Viele Kinder sind krank. Sie wollen von mir Tabletten, weil ich Krankenschwester bin. Einige Mädchen haben an den Beinen Geschwüre, das ist eine Folge der Unsauberkeit, das kommt von den Klobrillen.“ Außerdem hätten die Kinder überhaupt kein Spielzeug. Sie beklagt auch, daß sie nicht selbst für sich und ihre Tochter kochen kann. In den ersten Wochen hatten die BewohnerInnen in der „Friesenstraße“ noch gegen das Großküchenessen protestiert, hatten die Portionen in den Alufolien verweigert. Inzwischen haben sich die AsylbewerberInnen in ihr Schicksal gefügt.

Eine deutsche Beobachterin der Szenerie ist über den Schmutz im Wohnheim nicht verwundert: „Wenn man den Frauen das Essen-Zubereiten auch noch nimmt, was in ihrer Kultur eine große Bedeutung hat, dann fühlen sie sich nicht mehr zuständig. Die Leute identifizieren sich nicht mehr mit ihrer Umgebung.“ Drei Roma-Familien, so berichtet der Hausmeister, seien bereits nach wenigen Wochen in ihre polnische Heimat zurückgekehrt: „Die hatten Schwierigkeiten hier klar zu kommen.“

Barbara Debus

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