: Hessische Bau-Mafia ausgehoben
■ Seit 1973 organisierte ein Kartell die Vergabe von öffentlichen Bauvorhaben / Staatliche Bauverwaltung mischte mit
Wiesbaden (ap/taz) - Durch einen Schmiergeldskandal, in den Mitarbeiter der staatlichen Bauverwaltung und eine Reihe privater Firmen verwickelt sind, ist dem Bund und dem Land Hessen ein Schaden in Höhe von zig Millionen Mark entstanden. Wie die Staatsanwaltschaft Frankfurt gestern mitteilte, hat sie Ermittlungsverfahren gegen rund hundert Verdächtige eingeleitet. Der Verdacht der Bestechung und Bestechlichkeit, des Betrugs und der Untreue richtet sich gegen etwa 80 Mitglieder eines bundesweiten kriminellen Kartells von Baufirmen sowie gegen rund 20 Mitarbeiter der staatlichen Bauverwaltung.
Sie sollen nach bisherigen Ermittlungen überhöhte Preisangebote bei öffentlichen Bauvorhaben abgesprochen und dafür Bestechungsgelder zwischen 10.000 und 700.000 Mark gezahlt oder kassiert haben. Im Zuge der seit Anfang 1989 laufenden Ermittlungen wurden elf Haftbefehle erlassen, drei Beschuldigte befinden sich im Knast.
Die Staatsanwaltschaft appellierte an Amtsträger und Firmenangehörige, sie sollten sich den Behörden offenbaren und damit zur schnellen Aufklärung des Skandals beitragen. Dies würde im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten honoriert.
Die Ermittlungen wurden durch eine anonyme Anzeige ausgelöst. Nach bisherigen Erkenntnissen besteht das Kartell aus etwa zwanzig meist mittelständischen Firmen. Im hessischen Sumpf wurde seit 1973 bis zum Februar 1990 bei Ausschreibungen bestochen und die Hand aufgehalten. Die Bestechungsgelder wurden in die Baukosten eingerechnet. Den Amtsträgern wurden neben gebündeltem Barem auch Autos, Videorekorder und Flugreisen spendiert.
Betroffen waren der Bau des Paul-Ehrlich-Instituts, des Rechnungshofes, der Bundesanstalt für Flugsicherung, der Frauenjustizvollzugsanstalt Frankfurt und weitere Gebäude.
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