: Ein Zeuge antwortet nicht
VerteidigerInnen im Prozeß gegen Kurden der Gruppe PKK: Richter sind befangen ■ Aus Essen Bettina Markmeyer
Die VerteidigerInnen im Düsseldorfer PKK-Prozeß werfen der Bundesanwaltschaft (BAW) vor, einen der zentralen Belastungszeugen in dem Verfahren gegen derzeit noch 15 Angeklagte für die Hauptverhandlung „gesperrt“ zu haben. Daß, nach entsprechenden Interventionen des BAW, die Richter in Düsseldorf dem Zeugen Hasan D. zugestanden, in der Hauptverhandlung die Beantwortung sämtlicher Fragen verweigern zu können, „läßt“, so die AnwältInnen, „nur den Schluß zu, daß die Befragung des Zeugen durch die Verteidigung für das Konstrukt der Anklage und die Verurteilungsabsicht des Senats gefährlich geworden wäre“.
Hasan D., der am Mittwoch, dem 55. Verhandlungstag im PKK -Prozeß, vor Gericht erschienen war, verweigerte alle Fragen mit Hinweis auf ein gegen ihn selbst laufendes Ermittlungsverfahren. Die Verteidigung hielt dem entgegen, daß Hasan D. Im Rahmen der Ermittlungen in über zweimonatigen Vernehmungen beim Bundeskriminalamt weitreichende Aussagen gemacht hat und er sich deshalb durch eine Aussage in der Hauptverhandlung „kaum noch weiter selbst belasten“ könne. Vielmehr habe die BAW Hasan D. unter Druck gesetzt, indem sie ihn davon zu überzeugen versuchte, daß er bei einer Aussage vor Gericht Racheakte seitens der PKK zu befürchten habe. Nachdem D. dies zunächst mehrfach abgestritten habe und aussagen wollte, sei er kurz vor seiner Einvernahme als Zeuge umgeschwenkt und sehe sich nunmehr ebenfalls gefährdet.
Aufgrund von D.'s Aussagen erging gegen sechs der Angeklagten Haftbefehl und Anklage wegen Freiheitsberaubung und Unterstützung oder Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung. Hasan D., der 1987 für die PKK das Parteigebiet Bielefeld geleitet haben soll, sei laut Anklage am 4. Februar 1988 von mehreren PKK-Mitgliedern in Köln gefangengehalten, geschlagen und verhört worden, da er sich von der Partei abwenden wollte. Am zwölften Tag gelang ihm die Flucht aus einer Wohnung, woraufhin er sich bei der Kölner Polizei meldete.
Nach Hasan D.'s Auftritt als Zeuge lehnten gestern alle VerteidigerInnen die Richter im PKK-Verfahren wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Der Senat habe, so die Begründung des Antrags, seinen Beschluß vom Mittwoch über ein umfassendes Aussageverweigerungsrecht für den Zeugen D. Bereits lange vor der Hauptverhandlung vorbereitet und formuliert. Die Verteidigung führte verschiedene Indizien an, die die Voreingenommenheit der Richter belegen sollen. Mit ihrem Beschluß über ein umfassendes Aussageverweigerungsrecht für den Zeugen D. seien die Richter, so die AnwältInnen weiter, noch über die ursprüngliche Forderung der Bundesanwaltschaft auf ein teilweises Aussageverweigerungsrecht hinausgegangen.
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