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Die Allianz der Bremser

■ Die USA, die UdSSR, die Nato und die deutsche Einheit

Der Kalte Krieg ist vorbei, doch wir bleiben in den alten Strukturen. Diese im Westen nach wie vor dominierende Grundhaltung verhinderte auch beim Washingtoner Gipfel einen Fortschritt auf dem Weg zur Überwindung der Nachkriegsordnung. In Reaktion auf Gorbatschows Vorschlag für eine neue gesamteuropäische Friedensordnung auf Basis der KSZE beharrte Bush erneut auf dem westlichen Militärbündnis als Grundpfeiler - im Namen aller Nato -Verbündeten. Tatsächlich ist diese Nato-Formel der Ausdruck völliger Konzeptionslosigkeit und zugleich kleinster gemeinsamer Nenner. Doch die Gegensätze verschärfen sich, auch innerhalb der Nato sind die Allianzen nicht auf ewig. Die kommenden Brüche deuteten sich währehnd des Gipfels an.

Washingtons Hauptinteresse gilt der Weiterexistenz der Nato, weil sie den USA weit grösseren Einfluß in (West -)Europa sichert als die KSZE oder eine noch so enge Kooperation mit der EG. An der deutschen Vereinigung haben die USA kein Eigeninteresse. Als Preis für die Unterstützung der deutschen Vereinigungsbestrebungen und des dabei von Bonn vorgelegten Tempos ließ sich Washington von Kohl und Genscher die Nato-Mitgliedschaft Gesamtdeutschlands zusichern - denn ohne Deutschland wäre die Nato obsolet. Frankreich und Großbritannien fürchten die politische, wirtschaftliche und militärische Stärke eines künftigen Gesamtdeutschlands. Sie bevorzugen dessen Einbindung in eine westeuropäische Sicherheitsorganisation mit zurückgedrängtem Einfluß der USA und stärkerer Rolle der französich/britischen Atomstreitmächte. Die Bremsmanöver aus London und Paris bei den Wiener VKSE-Verhandlungen sind darauf angelegt, eine baldige Verständigung über sowjetische Sicherheitsbedürfnisse zu erreichen und damit den Vollzug der deutschen Vereinigung zu verzögern. Bonn kann dies nicht offen benennen, weil es auf die Unterstützung aus Paris und London bei den 4+2-Verhandlungen angewiesen ist. Auch offene Kritik an der Bush-Administration, die - wie sich beim Gipfel andeutete - möglicherweise eines Tages einer „Singularisierung“ (das neue Modewort für „Neutralisierung“) Deutschlands bei der Truppenbegrenzung zustimmen wird, um die Belastung des Verhältnisses zu Moskau zu vermeiden, ist noch nicht opportun. Mit dem als Angst vor „Singularisierung“ getarnten Beharren auf militärpolitischen Optionen, die einem souveränen Staat angeblich zustehen, blockiert aber auch Bonn, anstatt mit einer Politik der souverän erklärten Selbstbeschränkung für Dynamik zu sorgen. Noch gelingt es, in der Öffentlichkeit die Sowjetunion als alleinigen Sündenbock hinzustellen, der bremst, verzögert, neue Bedingungen stellt, etc. Vielleicht sollte Moskau, um endlich Bewegung in die erstarrten Verhältnisse zu bringen, tatsächlich einen Antrag auf Nato-Mitgliedschaft stellen. Die Allianz stünde vor ihrer größten Identitäskrise.

Andreas Zumach/Rolf Paasch

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