: Von Äpfeln und Birnen
■ betr.: "Abschied von Breilibü", taz vom 31.5.90
betr.: „Abschied von Breilibü“ von Reinhard Loske,
taz vom 31.5.90
Was StudentInnen wissen, aber manche Grüne nicht ist, daß Äpfel nicht mit Birnen verglichen werden können. So hinkt der Vergleich von Reinhard Loske zwischen dem VDS und den Grünen nicht nur, er kriecht sogar auf dem Bauch. Wann gab es bei den Grünen jemals ein „breites linkes Bündnis“? Oder meint er das gar nicht? Meint er etwa damit die Menschen, die sich in den Grünen zusammengefunden haben, um gemeinsam für eine lebenswertere Welt zu streiten und unter denen sich auch solche befinden, die sich „links“ definieren?
Reinhard Loske beklagt „Die Verkleisterung von Widersprüchen und Formelkompromisse um des lieben Friedens willen...“ bei den Grünen. Sein Resümee: „Raus aus dem Breilibü, rein in die Gesellschaft!“ Er fragt: „Wie halten's die Grünen mit der Ökologie, mit Europa, mit dem Leitbild einer zivilen Gesellschaft? Wieviel ideologische Altlast aus den Siebzigern sind sie bereit, aufzugeben?“ Was meint er damit? Etwa das Bild einer sozialen, solidarischen Gesellschaft, einer gemeinschaftlich zu organisierenden Daseinsvorsorge, das manche der verfehmten Linken auch bei den Grünen immer noch in ihrem Kopf herumtragen?
Natürlich wird das Ozonloch durch soziale Kämpfe, durch Streiks in der Metallindustrie und Aufstand in der Dritten Welt nicht kleiner. Aber die ökologischen wie sozialen Probleme auf diesem Planeten haben eines gemeinsam: Sie werden durch dieselben Mechanismen, durch die hemmungslose Ausbeutung von Natur und Menschen zum Vorteil einiger verursacht. Mit sektoraler Betrachtungsweise ist da nicht weit zu kommen, ebensowenig wie mit einem zum Dogma erhobenen „Primat der Ökologie“.
Lieber Reinhard Loske! Über die VDS läßt sich sicher streiten. Unsere BAG-Hochschule könnte Dir ein Lied davon singen. “...rein in die Gesellschaft!“, find‘ ich gut. Aber bitte nicht die Widersprüche in der Gesellschaft verkleistern, natürlich auch nicht bei den Grünen. Und bitte nicht einen Ausgrenzungsversuch als Überlebensnotwendigkeit darstellen, sowie Äpfel mit Birnen vergleichen!
Wolfgang Kühr, Sprecher der Bundesarbeitsgemeinschaft Energie der Grünen, Essen
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
