: Vereinte Finanzprobleme
■ Handball-Play-Off im Spiegel der Saisonbilanz: Gegenstimmen werden lauter Existenznot in der DDR wächst, aber: Gemeinsame Liga 1991/92 fast sicher
Frankfurt (dpa) - Geschichte und Praxis eilen manchmal der Politik voraus. Auch im Sport. Speziell aber in der Handball -Bundesliga. Die erste Play-Off-Entscheidung in der Geschichte des Deutschen Handball-Bundes (DHB) ist abgehakt und der TV Großwallstadt für die meisten als (Zufalls -)Meister einer Saison gekürt, die sich neben der sportlichen Wertung auch unter dem Aspekt der zu erwartenden wirtschaftlichen und politischen Einigung beider deutscher Staaten und Verbände (DHB und DHV der DDR) bilanzieren lassen muß.
Play-Off hin oder her, die Bundesliga steht und fällt mit der politischen Zukunft, und die hat in der Praxis für die 14 Teams längst begonnen. Über 50 Spieler aus der DDR haben einen neuen Arbeitsplatz in der Bundesliga gefunden und so dem Ziel vorgegriffen, an dem DHB-Präsident Hinrichs („So schnell wie möglich“) und DHV-Präsident Herrmann („Ich rechne mit 1991“) an der Spitze der Verantwortlichen mehr oder weniger intensiv bauen. Die paritätisch besetzten Projektgruppen werden am 10. Juni in Stuttgart exakt über diesem heißen Eisen brüten und erste Entscheidungen treffen.
Es gilt nach wie vor, die inflationäre Flut von Wechselwilligen aus Ost nach West zu dämmen. Frankfurt/Oder hat inzwischen acht Spieler an die Bundesliga verloren und damit „zehn Jahre Aufbauarbeit zerstört“, wie Cheftrainer Quaas sagt. „Wie Raubritter“ seien die Aufkäufer über die Vereine hergefallen.
Es gilt aber auch, eine Formel zu finden, um Anwärter wie Empor Rostock, SC Magdeburg, SC Berlin (früher Dynamo) oder SC Leipzig so in eine gemeinsame Liga zu integrieren, daß auch die Bundesliga damit leben kann, die neben der sportlichen vor allem eine wirtschaftliche Qualifikation gefordert hat. Die in Konkurs gegangenen Klubs Hofweier oder Hannover sind warnende Beispiele.
Doch eine Saison wird die Bundesliga noch unter sich sein, in der sich neun von 14 Trainern wieder für ein Play-Off ausgesprochen haben. Vor dem Start waren noch 13 dafür und nur Titelverteidiger TUSEM Essen mit Mangaer Schorn gegen die Modernisierung.
Essen gewann zwar souverän die reguläre Saison nach 26 Spielen mit fünf Punkten vor Rekordmeister Gummersbach doch am Ende stand Großwallstadt gegen das sechsplazierte Milbertshofen als Meister nach drei Finalspielen mit insgesamt über 11.000 Zuschauern da.
„Wenn der Vierte gegen den Sechsten der Doppelrunde um den Titel spielt, sagt das doch alles“, so die Meinung von Meistermacher Meisinger über den sportlichen Wert. Kiel, Essen, Absteiger Wanne-Eickel, Niederwürzbach und Schutterwald schlossen sich dem mehr oder weniger modifiziert an.
Wallaus Coach Kljaic dagegen forderte sogar einen Europacup -Wettbewerb mehr: für den Play-Off und den Doppelrunden -Meister. Einhellig sprachen sich aber alle Trainer gegen die Abstiegsrunde aus, die weder die sportlichen Ziele von Düsseldorf, Wanne und Weiche noch die finanziellen Erwartungen aller sechs Teams erfüllte, die daran beteiligt waren.
Immerhin kamen zu den 360.394 Zuschauern nach Hin- und Rückrunde nochmals rund 53.800 (3.160 pro Spiel) zu den 17 Play-Off-Partien. Ein Rückschritt zum Vorjahr mit 364.000, ein Fortschritt für die acht im Play-Off beteiligten Vereine.
„Krösus“ Kiel schoß wie in jedem Jahr mit 13 ausverkauften Vorstellungen a 6.604 Zuschauern wieder den Vogel ab, während Finalist Milbertshofen mit 606 zahlenden Fans den schlechtesten Schnitt machte und Wanne-Eickel gegen Wallau -Massenheim mit nur 157 Fans den Minusrekord aufstellten.
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