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Die neue Rolle der KSZE

■ Auf Kopenhagener Konferenz soll die KSZE erstmals institutionalisiert werden / Permanentes Sekretariat zur Überwachung von Abrüstung und Menschenrechten? / UdSSR möchte Bündnisse durch KSZE ersetzt sehen / Wörner dagegen

Berlin (taz) - Die vierwöchige KSZE-Menschenrechtskonferenz in Kopenhagen ist Teil einer Drei-Stufen-Veranstaltung. Diese begann mit der Pariser Menschenrechtskonferenz im Juni 1989 und soll im Herbst 1991 in Moskau abgeschlossen werden. Diesmal sollen Prinzipien von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in einem Schlußdokument festgehalten werden. Oben auf der Tagesordnung stehen jedoch Minderheitenrechte, da die Nationalitätenproblematik zunehmend als Instabilitätsfaktor in Europa betrachtet wird.

Ein gemeinsamer Antrag von Ungarn, Österreich, Italien, Jugoslawien und der CSFR behandelt Gruppenrechte wie das auf muttersprachliche Erziehung oder autonome politische Organisation; ein zweiter Antrag von Österreich, der Schweiz, Finnland und Schweden schlägt vor, daß die KSZE bei Menschenrechtsverletzungen Beobachter an Ort und Stelle schicken darf, analog zu der bei den Wiener Abrüstungsverhandlungen vereinbarten Überwachungstätigkeit von KSZE-Inspektoren. Der Vorschlag des dänischen Außenministers Ellemann-Jensen auf der Konferenz, ein permanentes KSZE-Sekretariat einzurichten, soll dies institutionell ermöglichen.

Die damit erstmals vorgeschlagene Umwandlung des KSZE -Prozesses in eine KSZE-Organisation bedeutet einen großen Schritt zur Konkretisierung der noch recht schwammigen Schlagworte „Verstärkung und Institutionalisierung des KSZE -Prozesses“. Diese Vokabeln geistern seit längerem durch die Diskussion über die äußeren Aspekte der deutschen Vereinigung. Sie wurden jüngst von Gorbatschow in einem 'Time'-Interview als „Staatenunion mit gemeinsamen Institutionen zur Erlangung militärischer und ökologischer Sicherheit, zusammen mit wissenschaftlicher und kultureller Kooperation“ umrissen. Während die KSZE-Teilnehmer die inzwischen auch von Bonn und Washington getragene Verstärkung der KSZE auf dem Weg praktischer Projekte auf Regierungsebene voranzutreiben suchen, wollen die Supermächte dasselbe auf Bündnisebene erreichen.

Die Position der UdSSR läuft auf den Ersatz der beiden Militärbündnisse durch die KSZE oder eine ähnliche Struktur wie etwa einen „gesamteuropäischen Rat“ hinaus. Der sowjetische Außenminister Schewardnadse hat zu diesem Zweck Direktgespräche zwischen Nato und Warschauer Vertrag vorgeschlagen. Nato-Generalsekretär Wörner erklärte demgegenüber gestern der 'Welt‘, die KSZE könne „kein Ersatz für die Nato sein“. Die Nato will stattdessen ihre politische Rolle stärken und nach Osten ausdehnen. Auf ihrem Gipfeltreffen Anfang Juli werden die Nato-Staaten hierzu ihre Beschlüsse zur internen politischen Zusammenarbeit vom Mai 1989 aktualisieren. Damals war der Austausch von Experten zur Förderung demokratischer Politik, gemeinsame Bemühungen zur Nichtweiterverbreitung von Atomwaffen sowie der gemeinsame Kampf gegen Drogen und Terrorismus vereinbart worden. All dies wollen sie nun zusammen mit den osteuropäischen Staaten - und somit auch im KSZE-Rahmen fortführen.

Dominic Johnson

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