: SPD: Auch ohne Abitur studieren
■ Die SPD legte gestern einen Entwurf für ein Berliner Hochschulgesetz vor, der mehr Autonomie und Demokratie für die Universitäten bringen soll / Der Medizinbereich der Freien Universität soll nicht länger von der allgemeinen Univerwaltung abgetrennt bleiben
West-Berlin. Die SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus hat gestern den Entwurf für ein Hochschulgesetz vorgelegt. Ziel sei, die im Rahmen des jetzt geltenden Hochschulrahmengesetzes möglichen „gröbsten hochschulpolitischen Belastungen“ des alten CDU/FDP-Senats zu beseitigen und den Hochschulen in Berlin mehr Autonomie und Demokratie zu sichern sowie ihre Organisation und ihre Verwaltung leistungsfähiger zu gestalten, sagte die hochschulpolitische Sprecherin der SPD, Damrat, und der Vorsitzende des SPD-Fachausschusses Hochschulen, Prof. Hübner.
Die SPD beabsichtigt unter anderem, die „Einheitsliste“ zur Wahl des Hochschulpräsidenten abzuschaffen. Wahlvorschläge sollen auch von einem Drittel des Akademischen Senats eingereicht werden können. Die Hochschulgremien sollen viertelparitätisch zusammengesetzt sein. Wo dies durch Bestimmungen des Hochschulrahmengesetzes nicht möglich ist, sollen die Professoren nur eine Stimme Mehrheit haben. Die Wahl der Dekane in den Fachbereichen bedarf nach dem Entwurf nicht mehr der Mehrheit der Professoren, sondern nur noch der einfachen Fachbereichsratmehrheit.
Die SPD will außerdem das Zugangsrecht zu Universitätsstudien liberalisieren. Wer mindestens 24 Jahre alt ist, den Realschulabschluß oder eine gleichwertige Schulbildung besitzt und für das beabsichtigte Studium eine geeignete Berufsausbildung abgeschlossen und danach eine mindestens vierjährige Berufserfahrung erworben hat, oder wer die Meisterprüfung in einem für das beabsichtigte Studium geeigneten Beruf erfolgreich abgelegt hat, kann an den Hochschulen vorläufig zugelassen werden. Eine endgültige Zulassung soll nach vier Semestern erfolgen.
Der Gesetzentwurf sieht auch eine Bevorzugung von Frauen bei Einstellung und Beförderung vor, wenn sie über gleichwertige Befähigungen verfügen. Es soll auch eine Frauenbeauftragte eingesetzt werden. Der Entwurf sieht weiter vor, die Trennung von Medizinverwaltung und allgemeiner Universitätsverwaltung in der FU sowie das Amt des Medizinkanzlers aufzuheben. Die Selbstverwaltungsrechte der Fachhochschulen sollen gestärkt werden.
Frau Damrat und Prof. Hübner betonten, daß die im Ostteil der Stadt für den Hochschulbereich Verantwortlichen und die Betroffenen in die öffentlichen Beratungen des Gesetzentwurf einbezogen werden sollen. Es müßten auch Übergangsregelungen für die künftige Strukturierung und Anpassung der Hochschulbereiche in beiden Teilen der Stadt gefunden werden. Das Zusammenwachsen der beiden Hochschulbereiche werde Jahre brauchen, meinte Hübner. Der SPD gehe es darum, die Hochschulgremien in West-Berlin funktionsfähig zu halten. Es sei besser, eine Zeitlang Disparitäten in Kauf zu nehmen, als etwas übers Knie zu brechen.
dpa
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