: Pharisäertum
■ betr.: "Nebel um PDS-Enteignung", taz vom 26.90
betr.: „Nebel um PDS-Enteignung“, taz vom 2.6.90
Das Fundament, auf dem das Haus der deutschen Einheit gebaut wird, scheint mir das Pharisäertum zu sein. Erinnern wir uns:
„Sie (die CDU) anerkennt die führende Rolle der Arbeiterklasse und ihrer marxistisch-leninistischen Partei, mit der sie als Bündnispartner vertrauensvoll zusammenwirkt. (...) Die CDU geht in ihrer Tätigkeit von ihrer Mitverantwortung für das Ganze aus und leitet ihren eigenständigen Beitrag von gesamtgesellschaftlichen Zielstellungen ab.“ (Kleines Politisches Wörterbuch, Neuausgabe 1988, Dietz Verlag, Seite 168)
„Genosse Günter Mittag hatte Begegnungen mit führenden Politikern und mit Vertretern der Wirtschaft während der Leipziger Frühjahrsmesse sowie in Hannover und Bonn, wo er auch von Bundeskanzler Helmut Kohl empfangen wurde.“ „Offizielle Gespräche führten Delegationen des FDGB und des DGB unter Leitung ihrer Vorsitzenden Harry Tisch und Ernst Breit in der DDR.“ „Die von der SPD bezogenen Positionen zur Elbe-Grenze, zur Auflösung der sogenannten Erfassungsstelle Salzgitter und zur Respektierung der Staatsbürgerschaft der DDR sind zeitgemäß, ebenso das Eintreten der SPD-Fraktion des BRD-Bundestages für die Aufnahme offizieller Beziehungen des Bundestages zur Volkskammer der DDR.“ ('Neues Deutschland‘ vom 19.6.1987, Seite 4, A-Ausgabe/Nr. 142)
Die Tatsache daß die West-SPD die Enteignung der PDS, aber nicht die Enteignung der Ost-CDU, deren Häuser bestimmt nicht mit den Beiträgen ihrer damaligen rund 15.000 Mitglieder bezahlt wurden, erweckt in mir den Eindruck, daß es bei der West-SPD nicht so sehr um Gerechtigkeit geht, sondern um die Zerschlagung einer demokratischen linken Partei, die ihr im Wege steht. Ich behaupte, daß die West -SPD mit dieser Politik gegenüber der PDS einen politischen Fehler macht, den sie eines Tages bereuen wird. Aber dann wird es zu spät sein. 1918-1933 sollten für alle eine Lehre sein.
Marcel Strauss, München
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