Gigantomanie im Sport

■ Sport zur politischen Selbstdarstellung auch im Altertum

Der Hang, sportliche Ereignisse immer mehr aufzublähen, verläuft parallel zur Nutzung des Sports als politische Selbstdarstellung. Die Olympischen Spiele zum Beispiel begannen, wohl schon im 11. oder 10. Jahrhundert von der christlichen Zeitrechnung in Griechenland in einem Olivenhain als eintägiges Fest beim rituellen Besuch am Tempel, mit einem einzigen Kampfspiel, dem Wettlauf. Im 6. und 5. Jahrhundert waren es bereits fünf Tage, mit Ringen, Fünfkampf, Boxen, Wagenrennen und Rennen mit Mauleselgespanen, Wettlauf in Rüstung und Waffen, Wettstreit der Trompeter und Herolde.

Das „kulturelle Programm“ wurde ebenfalls ausgedehnt, zum Besuch der Tempel kamen literarische und musikalische Präsentationen und Wettkämpfe. Zwar sollte Politik nicht mit hereinspielen - doch die Herrscher zeigten durch immer aufwendigere Bauten immer protzigere Beiwerke, für wen sie sich hielten. Gebäude für die VIPs drängten sich in die Wettkampfstätten, die Stadien wurden erweitert, blieben als ganzjährige Einrichtung vorhanden: Die Spiele wurden zuerst zum Treff für Statthalter, Politiker, Höflinge und Superreiche (der damalige Jet-Set) und später zur Touristenattraktion.

Die Römer hatten andere Vorlieben, seit jeher etwas blutiger: Bei ihnen setzte sich bei den von den Reichen und den Mächtigen gesponserten Spielen mit Freikost für die gesamte Bevölkerung („panem et circenses“) seit dem 5. Jahrhundert vor der christlichen Zeitrechnung vor allem der Gladiatorenkampf durch.

Ursprünglich ebenfalls im Rahmen von Riten eingesetzt (die ersten Gladiatorenpaare kämften anläßlich von Beerdigungen), wurden aus dem einfachen Zweikampf immer mehr verfeinerte tödliche Duelle zwischen unterschiedlich ausgestatteten Kämpfern oder gar Gefechte ganzer Gruppen oder Schiffsbesatzungen gegeneinander - das Colosseum in Rom, im 1. nachchristlichen Jahrhundert gebaut, konnte zu dem Zweck sogar geflutet werden.

Steinerne Bauten für die Kämpfe setzten sich im letzten vorchristlichen Jahrhundert durch, nachdem Holzarenen zusammengebrochen und mehrere hundert Menschen zu Tode gekommen waren. Auch fehlten nicht die dem heutigen Fußball anhängenden Tollwütereien: In Pompeij hieben die Anhänger verschiedener Gladiatoren einmal so aufeinander ein, daß der Kaiser ein Kampfverbot für fünf Jahre verhängte.

Werner Raith