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Einmal Stimmung in der Stadt

■ Tina Turner in Bremen: Verkehrschaos wie beim Werder-Spiel, Stimmung wie beim Rock-Konzert

Zehn Meter von der Bühne entfernt steht sie auf einem Hebekran, ein paar Meter über den Köpfen des Publikums: „Be good to me“, rockt sie und dem Bremer Publikum ist auch danach. Die knapp 40.000 auf dem Rasen des Stadions und auf den Tribünen recken die Hände in die Luft, klatschen rhythmisch, singen laut mit, sind gut zu Tina Turner und sich selbst. Weser-Stadion, Samstag abend kurz vor halb elf: Eine Stimmung, wie es sie ansonsten höchstens alle Jubeljahre bei Werders Jahrhundert-Europa

cup-Spielen gibt. Wenige Minuten später ist das Bremer Open -Air-Ereignis des Jahres vorbei, um das es im Vorfeld heftigen Streit gegeben hatte.

Besonders den StadtteilpolitikerInnen der Östlichen Vorstadt war der Auftritt des Weltstars ein Dorn im lokalpolitischen Auge gewesen. Ihre Befürchtungen: Erstens gibt es ein Verkehrschaos, zweitens ist es laut und drittens dreckig. Kurz: Eine Belästigung der AnliegerInnen, die samstags abends lieber Doktor Schiwago im Fernsehen nachwei

nen wollen. Und: In allem hatten die weitsichtigen Beiräte recht. Die Straßen, rund ums Weser-Stadion waren trotz der Park&Ride-Angebote wieder vollgestellt, die mächtigen Bässe waren kilometerweit zu hören (wenn auch die Tina-Turner-Fans in der Neustadt wegen der Windrichtung Vorteile gegenüber den ViertelbewohnerInnen hatten), und der Dreck, insbesondere leere Bierflaschen und Dosen, schmückte die Osterdeich-Wiesen. Aus Sicht der Polizei aber gab es „keine besonderen Vorkommnisse“. Da eine kleine Schlägerei, dort ein paar Sturztrunkene, die von Sanitätern versorgt werden mußten, ansonsten verbrachten etliche der eingesetzten Beamten ein fröhlichen Abend im Stadion, wo sie auch ihren obersten Chef trafen. Innensenator Peter Sakuth war gekommen, „50 Prozent Pflicht, 50 Prozent Neigung“, um sich für künftige Genehmigungsfälle ein eigenes Bild zu verschaffen, und durfte sich mit den anderen BesucherInnen an einem seltenen Spektakel freuen: Schon in der Umbaupause vor dem Turner

Auftritt ging die Welle, La Ola, ein ums andere Mal im Stadionrund herum und rief wahre Begeisterungsstürme hervor. Bis schließlich auch die InnenraumbesucherInnen sich im fröhlichen Auf und Nieder übten. „Bremen, do you feel good“, und wie! „Bremen, do you feel great.“ -„Yeah“. Mit einem so begeisterungsfähigen Publikum hat eine so begeisterungsfähige Frau wie Tina Turner natürlich leichtes Spiel.

Auch wenn die Massen im Innenraum, es sei denn sie maßen mindestens 1,90 Meter, von der 50jährigen mit dem Image der Ewig-Jugendlichen nur wenig zu sehen bekamen, der Begeisterung tat das keinen Abbruch. Professionell und routiniert, mit Bewegung bis in die Zehenspitzen spulte sie ihr Tourneeprogramm ab. Da war es zum Schluß auch sehr egal, daß der Wettergott es offensichtlich mit den Bremer LokalpolitikerInnen hielt und einen kalten Regen vom Himmel schickte. Was soll's: Wer's so kann, der muß es auch im Bremer Weser-Stadion dürfen.

hbk

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