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DAHLEMER JAGDROMANZEN

■ Eine „Black Forest Clock Show“ im Ami-Offiziersclub

The cuckoo clock symbolize the past, present and the future (Katalogtext)

I'm always hunting for souvenirs, erklärt Mark Lehl aus Neenah, Wisconsin. In fact: Für ihn sei das deutsche Souvenirpotential ausschlaggebend gewesen, als er sich für die Stationierung in Germany entschieden habe. Seit dem 2. November '89 ist Mark in Berlin und besitzt eine dementsprechend vollständige Sammlung von wall-pieces, Mützen seiner sozialistischen Kollegen etc. Was bislang fehlte und weswegen er ja eigentlich gekommen war (denn das mit der Mauer konnte er ja nicht ahnen), sind Kuckucksuhren. Dem durchaus weitverbreiteten Wunsch amerikanischer GI's nach typisch deutschen Andenken kommt das Harnack-House in Dahlem zwei-, dreimal im Jahr entgegen und veranstaltet in seinen Hallen für Clubmitglieder amerikanisch besetzende „Black forest clock sales & shows“. So geschehen am vergangenen Wochenende.

Gleich zur Eröffnung kommt Mark und entscheidet sich schnell für ein mittelgroßes Modell (235 Dollar), das er seiner Mutter schenken wird. Was Mark an dieser Uhr überzeugt hat, ist die folgende Szene in einem Miniatur -Sägewerk, die sich Stunde um Stunde wiederholt: zwei Männer prosten sich zu, heben dabei ihre gelb-weiß angemalten Bierkrüge einmal, zehnmal, zwölfmal. Eine Bäuerin im Hintergrund schüttelt genauso oft den Kopf. Dazu tanzen, im oberen Teil des schindelgedeckten Schwarzwaldhauses einige Holzpüppchen zu The happy wanderer (jede halbe Stunde) und Dr. Schiwago (jede volle Stunde).

Wer will, kann sich noch ein kleines Extra einbauen lassen, wodurch - elektronisch gesteuert - an Sonntagen die Songs durch Vogelgezwitscher untermalt werden. Das findet Mark nicht so gut. Außerdem ärgert er sich, daß sich an seiner Uhr das Türchen hinter dem Kuckuck nicht richtig schließt, wenn er gerufen hat. Vorübergebeugt bleibt der Vogel die ganze Stunde lang sichtbar, weil sich ein Draht verbogen hat. Der holländische Vertreter des Familienbetriebes aus Triberg im Schwarzwald (Zweigniederlassungen in Ramstein und Bitburg) verspricht, den Fehler zu reparieren, bevor die Uhr zu Marks Mutter nach Wisconsin geschickt wird.

Als Mark geht, plaudert der Vertreter ein wenig über seine Erfahrungen mit den Amerikanern, die immerhin 70 Prozent seiner Kundschaft ausmachen. Da seien zum Beispiel auch solche Jäger unter ihnen, die das Modell mit einem dominierenden Hirschkopf, der zwei Gewehre um den Hals trägt, favorisieren würden. Beiderseits des Ziffernblatts hängt in der hunter's theme clock ein Hase bzw. ein Fasan. Regelmäßig käme es beim Kauf dieser Uhr zu Meinungsverschiedenheiten mit den Ehefrauen wegen der realistisch nachempfundenen Szene: Die erschossenen Tiere hängen, an den Läufen bzw. Krallen befestigt, mit dem Kopf nach unten. Deswegen stellt der Betrieb die Jägeruhr auch mit lebenden Tieren her und bietet beide zusammen als Set an. Im Katalog wird die „Vorher„-Version (denn Gewehre gibt es auch hier!) so kommentiert: „Today, hunters do not just hunt. But they are responsible for the protection and cultivation of wild life. This reflected by the carvings on the clock. Healthy, living animals are emphasized more than the hunted ones.“

Dann kommen Sergeant Thomas und seine Frau (beide in Zivil). Sie haben schon sehr viel erfahrungen mit Kuckucksuhren gesammelt. 1967 kauften sie ihre erste, seitdem ungefähr zehn weitere, so genau wissen sie das nicht mehr. Ein paar hängen zu Hause, eine paar haben Verwandte bekommen. Von den Ausstellungsstücken gefällt Mrs. Thomas ausgerechnet die, die Mark kurz vorher gekauft hatte. Das wäre weiter kein Problem, aber weder sie noch ihr Mann können sich erinnern, ob sie nicht genau die gleiche schon beim letzten Mal gekauft haben. Während Mrs. Thomas das mit Hilfe der alten Rechnung zu klären versucht, erzählt der Sergeant, er fände die ganz große mit den Bären sowieso viel besser. Er sähe darin eine gelungene Synthese von Deutschland und seiner Heimat, den Smokey Mountains in Tennessee. Ja, oft seien ihm da Bären begegnet, und bald würde er dorthin als Pensionär zurückkehren. Die Bärenuhr wäre dann eine schöne Erinnerung an die Jahre in Deutschland, in denen er sich immer nach den Tieren in den Bergen gesehnt habe.

Von der guten alten Zeit erzählen auch die Preisschilder vorne auf der Theke, wo man Zubehör zu den Standuhren (grandfather clocks) kaufen kann. Die Troddel (tassels) in antikisierten Farbtönen kösten nämlich 7 Doller 14 DM (die kleinen) und 5 Dollar 16 DM (die großen).

Dorothee Wenner

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