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Minimal gesamtdeutsch

Die Grünen-West haben die Weichen für eine Vereinigung mit der Schwesterorganisation in der DDR gestellt. Angestrebt wird eine konförderative Struktur mit „personeller, politischer und finanzieller Autonomie“, heißt es im Beschluß. „Minimale gesamtdeutsche Struktur bei maximaler Selbständigkeit“, formulierte es der für die Gespräche mit den DDR-Gruppen zuständige Bundesvorstand Jürgen Mayer. Zugleich bemüht man sich, für gesamtdeutsche Wahlen ein „ökologisch-radikaldemokratisches Bündnis“ mit den Bürgerbewegungen der DDR, dem unabhängigen Frauenverband und der „Vereinigten Linken“ zu zimmern - ohne daß die Form des Bündnisses derzeit festgelegt wird. „Auf jeden Fall“ solle es aber die Kandidatur von Mitgliedern des Bündnis 90 auf der grünen Liste geben, entschieden die Delegierten.

In der deutschlandpolitischen Debatte machten die Grünen außerdem ihre strikte Ablehnung von vorgezogenen gesamtdeutschen Wahlen und des Staatsvertrages deutlich, der ein undemokratischer „Kaufvertrag“ für die DDR sei. Die „chaotische Schnellvereinigung“ werde von der Bundesregierung ebenso wie die Bemühung um baldige gesamtdeutsche Wahlen aus „Gründen des reinen Machterhalts vorangetrieben“. Auch die SPD wird in einer Resolution scharf kritisiert. Lafontaines späte Kritik am Staatsvertrag könne nicht darüber hinwegtäuschen, daß die SPD für den eingeschlagenen Kurs „in hohem Maße Mitverantwortung trägt“. Die Resolution basiert auf einer vor wenigen Tagen vorgestellten gemeinsamen Erklärung der Fraktionen der Grünen und des Bündnisses 90 im Bundestag und der Volkskammer. Weggefallen ist aber die eindeutige Bejahung der deutschen Einheit. Auch eine abgeschwächte Formulierung, man respektiere, daß die große Mehrheit der DDR-Bevölkerung die Vereinigung wolle, wurde gestrichen. Nach Protesten der DDR-Grünen, die von der „gemeinsamen“ Resolution erst kurzfristig erfuhren, wurde das Papier als Diskussionsentwurf deklariert.

In der Debatte um eine Parteienvereinigung unterlagen die Linken mit ihren Vorstellungen. Sie wehrten sich gegen einen festen Zusammenschluß mit den Ost-Grünen und wollten für gesamtdeutsche Wahlen in der DDR nur eine formale Hülle installieren. Die „Wahlpartei“ sollte KandidatInnen nach Maßgabe der weiterhin unabhängigen DDR-Gruppen nominieren. Auf diese Weise sollten vor allem KandidatInnen der „Vereinigten Linke“ eine Chance erhalten. Die realpolitisch orientierten West-Grünen erhoffen sich dagegen neue Mehrheiten von einer Vereinigung mit den DDR-Grünen, die sich deutlich gegen linke Positionen abgrenzen.

Bis zur Vereinigung müssen aber noch deutliche Widerstände sowohl bei den DDR-Grünen als auch bei den anderen Gruppierungen überwunden werden. Für einen bloßen „Anschluß“ werde es keine Mehrheit geben, warnte Christine Weiske vom Vorstand der DDR-Grünen. Diese taten sich auch mit den vorgeschlagenen Kandidaturen anderer DDR-Gruppierungen auf der Grünen Liste schwer. Frau Weiske befürchtete, statt eines klaren grünen Profils entstehe ein „undefinierbares Müsli“. Der West-Vorständler Jürger Mayer sah dagegen nur in einem möglichst breiten Bündnis eine Chance, bei gesamtdeutschen Wahlen über die Fünf-Prozent-Hürde zu kommen. Wenn das nicht gelinge, sei eine parlamentarische Vertretung möglicherweise für sehr lange Zeit verpaßt.

Doch auch die Bürgerrechtsgruppen sind vom westdeutschen Vereinigungswillen nicht begeistert - sie wollen möglichst selbständig bleiben. Man habe die „Pflicht, an sich selber festzuhalten“ und sich als „außerparlamentarische Kraft“ einem „Parteivereinigungsverfahren“ zu verweigern, formulierte Klaus Wolfram vom „Neuen Forum“ die Antwort auf die Frage, warum die Gruppen des Bündnisses 90 ein gemeinsames grünes Dach ablehnen.

Gerd Nowakowski

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