: Emma-Preis an Etablierte
Feierlich wurde er am letzten Samstag in Köln verliehen: Der erste deutschsprachige Journalistinnen-Preis, initiiert von 'Emma‘. Das Echo auf die Ausschreibung im Januar war groß. 215 Autorinnen aus der BRD, der DDR, der Schweiz und Österreich hatten sich mit über 500 Beiträgen beworben. Schwer scheint der Jury die Wahl nicht gefallen zu sein, denn alle Entscheidungen traf sie einstimmig. Das Ergebnis überraschte allerdings, war es doch erklärtes Ziel, mit dem Preis auf die Benachteiligung von Journalistinnen in allen Bereichen aufmerksam zu machen und Nachwuchs zu ermutigen. Der dürfte nach der Entscheidung aber eher entmutigt sein, denn mit Preisen bedacht wurden ausschließlich renommierte Journalistinnen, deren Beiträge zwar mit Sicherheit exzellent sind, die aber einer Ermutigung durch ihn kaum bedürfen. Der erste, mit 2.000 DM dotierte Preis für die beste Reportage beziehungsweise das beste Interview oder Porträt ging an die 'stern'-Redakteurin Brigit Lahann für ein Portrait von Ulla Hahn, „Prinzessin auf der Erbse“, das im Dezember '89 im 'stern‘ erschienen ist. Vier weitere mit je 1.000 DM dotierte Preise derselben Kategorie gingen an die langjährige 'Zeit'-Mitarbeiterin Ester Knorr-Anders, an die 'Zeit'-Redakteurin Susanne Mayer, an die 'Zeit' -Redakteurin Anna von Münchhausen und an die 'Für Dich' -Chefreporterin Holde-Barbara Ulrich. Der mit 1.000 DM dotierte Sonderpreis für die beste Glosse ging an die 'Zeit‘ - und 'Emma'-Mitarbeiterin Viola Roggenkamp und der für den besten Kommentar an die 'stern'-Redakteurin Ingrid Kolb.
Obwohl auch Beiträge aus Zeitungen, Zeitschriften, Fachpublikationen und Funk eingereicht worden waren, wurden nur Zeitschriftenbeiträge prämiert, die ausschließlich in der 'Zeit‘, dem 'stern‘, der 'Emma‘ und der 'Für Dich‘ erschienen sind. Ein Zufall, daß drei der fünf Jurorinnen für eben diese Publikationen arbeiten? Dazu meint die Jury, daß sie alle Arbeiten bewertet habe, ohne den Namen der Autorin oder das Publikationsorgan zu kennen. Schade ist es trotzdem, denn gerade die Ermutigung des Nachwuchses und die Anerkennung von Journalistinnen in niedrigeren Positionen wäre wichtig gewesen. Das müßte auch der 'Emma'-Redaktion klar sein, und man kann nur hoffen, daß sie sich bis zur nächsten Ausschreibung dieses notwendigen Preises 1992 in dieser Richtung etwas überlegt. Denn an der für Journalistinnen beschissenen Situation wird sich kaum etwas ändern, wenn man ausschließlich den Frauen den Rücken stärkt, die schon in Spitzenpositionen sitzen.
Ellen Petry
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