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Schamir will Regierung der Falken bilden

Vier Abgeordnete fürchten um ihre Ministerposten und machen die Abstimmung im Parlament zur Wackelpartie / PLO: „Kriegskabinett“  ■  Aus Tel Aviv Amos Wollin

Einstimmig hat das Zentralkomitee des rechtskonservativen Likud-Blocks am vergangenen Sonntag die Regierungsliste gebilligt, die der amtierende Ministerpräsident und Likud -Chef Schamir am Montag nachmittag der Knesset zur Abstimmung vorlegte. Schamir will zusammen mit drei kleinen, extrem konservativen Religionsparteien eine stark rechtslastige Minderheitsregierung bilden. Bis Redaktionsschluß lag das Abstimmungsergebnis des israelischen Parlaments über die geplante Rechts-Regierung aber noch nicht vor.

Zuvor hatte sich Schamir optimistisch über seine Chancen einer Regierungsbildung geäußert. „Wir werden die neue Regierung bilden, denn wir repräsentieren die Mehrheit in diesem Land.“ Sicher ist allerdings keineswegs, daß tatsächlich auch mindestens 61 der 120 Parlamentsabgeordneten für Schamirs Rechts-Regierung votieren werden. Denn zum einen hatten vier unzufriedene Abgeordnete seiner eigenen Fraktion, die um ihre Ministerposten bangen, gedroht, nicht für die neue Regierung zu stimmen. Und zum anderen stößt Schamirs geplantes Regierungsbündnis bei allen anderen Parteien auf harsche Ablehnung. Die Arbeiterpartei sprach gar von einer „Regierung der nationalen Katastrophe“. Die nationale Führung der Intifada in den besetzten Gebieten bezeichnete das geplante Bündnis als „Regierung der Terroristen“ und als „Geschenk an alle extremistischen Bewegungen“. Die PLO sprach von einem „Kriegskabinett“.

Schamirs Kabinettsliste umfaßt elf Likud-Mitglieder der alten Regierung. Wie zu erfahren war, soll der bisherige Außenminister Mosche Arens neuer Verteidigungsminister werden. Das Außenressort soll David Levi übernehmen. Für den Führer des hefitg umstrittenenLikud-Hardliners, Ariel Scharon, ist das Wohnungsressort mit erweiterten Befugnissen insbesondere hinsichtlich der Ansiedlung von Einwanderern vorgesehen - eine durchaus brisante Besetzung.

In der neuen Schamir-Regierung, sollte sie denn das Parlament passieren, hätten die „Falken“ das uneingeschränkte Sagen. Damit würde sich der israelische -arabische Konflikt bedrohlich zuspitzen und die Intifada in den besetzten Gebieten weiter an Schärfe zunehmen. Scharons Ankündigung, die Verursacher der Intifada „zu isolieren“, kann dabei nur heißen, daß sich die Repression gegen jugendliche Steinewerfer verschärfen wird. Auch die ohnehin schon beinahe legendären Vermittlungsversuche der USA dürften unter diesen veränderten politischen Bedingungen kaum Chancen haben.

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