: Berliner dürfen mitstimmen
Bereits bei der Abstimmung zum Staatsvertrag erhalten die Berliner Stimmrecht im Bundesrat / Damit ist die alte CDU/FDP-Mehrheit im Bundesrat endgültig dahin / Stimmrecht im Bundestag dagegen umstritten ■ Aus Bonn Gerd Nowakowski
Die Vertreter Berlins im Bundestag und Bundesrat erhalten volles Stimmrecht und können künftig direkt gewählt werden. Die beim Inkrafttreten des Grundgesetzes von 1949 geäußerten Vorbehalte seien „künftig gegenstandslos“, heißt es in einem Schreiben der drei Westalliierten, welches am vergangenen Wochenende bei Bundeskanzler Kohl eingegangen ist.
Die Bundesregierung in Bonn geht nach den Worten des Regierungsprechers Klein davon aus, daß die Berliner im Bundesrat bereits am 22. Juni bei der Abstimmung über den Staatsvertrag mit der DDR teilnehmen werden. Derzeit werden deren vier Stimmen nur in den Ausschüssen, nicht aber im Plenum mitgezählt.
Die SPD-Bundesländer haben damit bei dann insgesamt 45 Sitzen in der Länderkammer eine Mehrheit von 27 Stimmen gegenüber 18 Stimmen der unionsgeführten Länder. Selbst wenn die rot-grüne Regierung in Niedersachsen bis zur Abstimmung über den Staatsvertrag nicht steht, wären die SPD-Länder in der Lage, das Vertragswerk zu kippen.
Der Berliner Regierende Bürgermeister Walter Momper von den Sozialdemokraten hat aber bereits bei der ersten Lesung des Staatsvertrags seine grundsätzliche Zustimmung dazu signalisiert.
Beim Stimmrecht im Bundestag wird nach den Worten Kleins die „Sache vermutlich etwas schwieriger“. Eine sofortige Stimmberechtigung stoße „auf gewisse verfassungsrechtliche Bedenken“. Die Berliner Abgeordneten werden nicht direkt gewählt, sondern vom Berliner Abgeordentenhaus im Verhältnis der Fraktionsstärken ernannt.
Regierungssprecher Klein äußerte vorsichtig, diese Schwierigkeit wäre „möglicherweise interpretierbar“. Schwerwiegender sei, daß die Berliner Abgeordneten im Bundestag überproportional gegenüber dem in der Bundesrepublik geltenden Mandatsschlüssel vertreten sind eine Folge des Anspruchs, auch den Ostteil Berlins zu repräsentieren. Dieser Umstand erweist sich nun als „verfassungsrechtlich nicht leicht zu nehmende Schwierigkeit“, sagte Klein. Er fügte hinzu, die Klärung sei Sache des Bundestags; er wolle sich nicht in eine verfassungsrechtliche Bewertung einlassen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen