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FUNKEN DES WIDERSTANDS

■ Beitrag für das „Festival alternativer und radikaler Medien“ in Amsterdam im September 1989

(...) Grüße an Euch auch von der wachsenden Gemeinschaft der politischen Gefangenen in den Vereinigten Staaten: von Geronimo „ji Jaga“ Pratt, dem gerade wieder einmal sein Recht auf einen fairen Prozeß verwehrt worden ist, weil ein Antrag ein paar Tage zu spät gestellt worden ist. (...) Und Sundiata Acoli, einst der tapfere Mitangeklagte der befreiten Assata Shakur, der jetzt auf Transport ist zu Amerikas eigener teuflischer Version des Stuttgart -Stammheimer Gefängnisses: dem Marion-Zuchthaus.

Sie alle sind an dem unermüdlichen Streben der AfrikanerInnen in Amerika nach Freiheit beteiligt.

Unsere jetzige Begegnung findet in einem von Repression geprägten Klima statt, wie es das seit den fünfziger Jahren nicht mehr gegeben hat. Amerikas Antwort auf das Problem der Obdachlosigkeit ist einfach: weniger Häuser, dafür um so mehr Gefängnisse bauen und elektrische Stühle aufstellen, um die Obdachlosen selbst zu eliminieren. Mittlerweile sind 2,5 Milliarden Dollar, die eigentlich für den Bau von UnterkÜnften für die Armen vorgesehen waren, in die zum Bersten gefüllten Tresore der Reichen geflossen - und gleichzeitig liegen in Amerika über vier Millionen Menschen ohne Wohnung auf der Straße.

Inzwischen hat das höchste Gericht Amerikas den legalisierten Mord an „geistig Minderentwickelten“ und Jugendlichen über 16 Jahren abgesegnet, obwohl das ein drastischer Verstoß gegen die Grundsätze der amerikanischen Menschenrechtskommission und die UNO-Protokolle der Internationalen Kommission für bürgerliche und politische Rechte ist, die das Töten von Menschen verurteilen, die zum Zeitpunkt ihrer Straftat jünger als 18 Jahre waren.

Aber es ist im US-Imperium auch vielerorts ein Lichtschimmer zu sehen, Funken des Widerstandes gegen die über uns hereinbrechende Nacht. Das Festival ist einer dieser Funken. Es gibt mir und anderen, die in ähnlicher Lage sind, die Möglichkeit, unsere Fesseln abzustreifen, die Mauern des „Nationalen Gefängisses Amerika“ zu durchbrechen und Euch die Hände zu reichen, uns gedanklich einander zu nähern - und sei es auch nur für einen kurzen Moment.

Als radikale JournalistInnen haben wir eine andere Geschichte zu erzählen. Es ist keine Geschichte von Reichtum und Überfluß, sondern eine von Mangel, Folter und Ungerechtigkeit. Kurz gesagt, es ist die Geschichte der Unterdrückten, aber es ist auch die Geschichte einer besseren Zukunft, eine Geschichte über Meere in denen Leben gedeiht, über saubere, gutriechende Luft, über grüne Wälder, über Gesundheit, Hoffnung, Freiheit und Frieden für alle Völker dieser Welt.

Wir wissen natürlich, daß das Amerika der multinationalen Konzerne dieses Morgen nicht schaffen kann und nicht schaffen will, weil daraus kein Profit zu schlagen ist. Wir können aber Inseln des befreiten Bewußtseins schaffen, die getragen werden von den Wahrheiten der Volksbewegungen, die für Menschenwürde und Freiheit kämpfen, frei von dem Terror, den das System verbreitet. Wir können neue und fortschrittliche Bilder von dem, was möglich wäre, entwerfen, damit sich das bessere Morgen für alle erkennbar am Horizont abzeichnet. Wir müssen das Amerika der Völker zum Vorschein bringen, das verborgen ist unter Nebeln aus Heuchelei, hinter dem Glitzer von Plastikprinzen und Hollywood-Kulissen - das Amerika der Völker, die um ihr Überleben gegen ein System kämpfen, das auf ihrer und unserer Vernichtung aufbaut.

Amerika will verhindern, daß Ihr das wahre Gesicht des Widerstandes zu sehen bekommt. Und es will nicht, daß sich die Stimme der Rebellion erhebt und an Eure Ohren dringt. Aber wir zeigen unser wahres Gesicht, das die Züge unseres Kampfes ums Überleben trägt, geprägt ist von menschlichem Stolz und Schmerz - und nicht vom falschen Lächeln überdrehter Plastikidole. (...)

Mumia Abu-Jamal, 15. August 1989

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