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Verwirrung um Dioxinfunde in Remscheid

Düsseldorfer Gesundheitsminister: „Keine Gesundheitsgefährdung“ / Anwohner: „Das ist lächerlich und Haarspalterei“ / Weitere Bodenproben angeordnet / Bundesgesundheitsamt: 40 Nanogramm Dioxin pro Kilogramm Boden für Kleingärten „unbedenklich“  ■  Aus Düsseldorf Walter Jakobs

Die Verseuchung von Remscheider Kleingärten, in denen vor ein paar Wochen Dioxinbelastungen von 20,3 und 15,1 Nanogramm pro Kilogramm Boden gefunden wurden, liegt nach Darstellung des Düsseldorfer Gesundheitsministers Hermann Heinemann „deutlich unter den für Menschen gesundheitsgefährdenden Mengen“. Zu diesem Schluß sei eine kurzfristig einberufene Expertenkommission gekommen. Nach „übereinstimmender Meinung“ dieser Experten seien „bei den bisher in Remscheid festgestellten Dioxinkonzentrationen Nutzungsbeschränkungen aus gesundheitlichen Gründen nicht erforderlich“. Um bei „der Bevölkerung möglicherweise immer noch vorhandene Zweifel auszuräumen“, hat Heineman gleichzeitig die Entnahme weitere Bodenproben angeordnet. Bis die neuen Ergebnisse vorliegen, wird die Stadt Remscheid, so der Oberstadtdirektor Wilhelm Ellerbrake zur taz, „keine Entwarnung bei den Kleingärten geben“.

Daß die Böden in Remscheid überhaupt überprüft wurden - der gesamte Stadtpark ist inzwischen wegen zu hoher PCB -Belastung gesperrt -, hängt unmittelbar mit dem Absturz des amerikanischen Jagdbombers Thunderbolt zusammen, der am 8. Dezember 1988 in die Remscheider Häuser raste und dabei sechs Anwohnern und dem Piloten den Tod brachte. Um die Ursachen von seltsamen Hauterkrankungen herauszufinden, waren in den Monaten danach die Böden in der Nähe der Absturzstelle und einer 500 Meter entfernt liegenden Kleingartenanlage untersucht worden. Bisher konnte ein Zusammenhang zwischen dem Absturz und der Bodenverseuchung mit PCBs und Dioxinen zwar nicht festgestellt werden, aber die Werte lagen zum Teil so hoch, daß die Stadt sich zu offiziellen Warnungen und zur Schließung des Parkes gezwungen sah. Die jetzt vom Ministerium erfolgte partielle Entwarnung beruht im wesentlichen auf den Interpretationskünsten des im Berliner Gesundheitsamt zuständigen Dr. Rotard. Im Verein mit anderen Dioxinexperten hält Rotard die Remscheider Belastung für die „übliche Hintergrundbelastung eines Industriestandortes“. Eine Gesundheitsgefährdung sei „völlig ausgeschlossen“. Dabei hat das Berliner Gesundheitsamt selbst in verschiedenen Stellungnahmen zu Dioxinbrennpunkten sogenannte „Vorsorgewerte“ verbreitet und bei einer Belastung von fünf bis 40 Nanogramm pro Kilo Boden nur eine „eingeschränkte landwirtschaftliche Nutzung“ empfohlen. Über 40 Nanogramm ist laut dieser „Vorsorgewerte“ sogar auf eine landwirttschaftliche Nutzung „jeglicher Art“ zu verzichten. Diese Empfehlungen der eigenen Behörde seien, so Dr. Rotard im Expertengespräch, auf die Remscheider Situation nicht anzuwenden. Bei Kleingärtenanlagen könne man sich ohne Bedenken an dem oberen Wert von 40 Nanogramm orientieren. Die Remscheider Kleingärtner könnten deshalb „ihre Möhren, wenn sie geschält werden, ohne weiteres essen“, sagte Dr. Rotard zur taz.

Folgt man der Darstellung des Remscheider Oberstadtdirektors Ellerbrake, dann können die Kinder von Frau Wolf angesichts des Düsseldorfer Expertenhearings wieder ungefährdet in dem Garten spielen. Eine schlicht „lächerliche Argumentation“, findet Frau Wolf aus Remscheid. Ihre Frage an die Experten: „Wissen sie, wieviel Erde meine Kinder beim Spielen aufnehmen?“

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