Ja, Nein, Jein

■ Staatsvertrag: Klassische Rollenverteilung

Als der CDU-Fraktionsschef Kudella gestern die Bürgerschaftsdebatte um Bremens Haltung zum deutsch -deutschen Staatsvertrag eröffnete, waren die Vorzeichen abgesteckt: CDU und FDP ohne Wenn und Aber dafür, Grüne ebenso eindeutig dagegen. Nur SPD-Fraktionschef Claus Dittbrenner war um die im Namen der Parteiraison geforderte Gratwanderung nicht zu beneiden.

Und so war's denn auch: Mit dem Staatsvertrag gelte es eine „historische Stunde“ zu nutzen, um endlich die „Einheit Deutschlands in Freiheit“ zu verwirklichen, hatte CDU -Fraktionschef Kudella von seinem Parteivorsitzenden Helmut Kohl gelernt. Und: Wirtschaftsxperten sagten dem einigen Deutschland eine neue Wirtschaftsblüte mit einem Wachstum von 100 Milliarden jährlich voraus. Der SPD bescheinigte Kudella einen „einen bedauernswerten Zustand“ und „politische Impotenz hoch drei“. Ihr Kanzlerkandidat Lafontaine habe die deutsche Einigung in „unverantwortlicher, egoistischer und wahltaktischer Manier“ zu persönlichen Machtzuwachses mißbraucht. Kudella: „Dieser Mann ist nicht geeignet, Kanzler von 80 Millionen Deutschen zu werden.“

Auch für FDP-Fraktionschef Jäger ist der Staatsvertrag die einzige Antwort auf die historische Alternative, vor der die DDR seit dem 9. November gestanden habe: „Entweder die D -Mark kommt zu den DDR-Bürgern oder die DDR-Bürger kommen weiter zur D-Mark.“ Angesichts der kleinkarierten Nörgeleien der SPD am jetzigen Vertragswerk fragte sich Jäger, „ob wir Deutschen doch zu einem Volk von Kleinkrämern verkommen sind“ und appellierte inständig an die SPD: „Setzen Sie das Werk , dessen Beginn untrennbar mit den Namen Willy Brandt und Walter Scheel verknüpft ist, heute fort. Respektieren Sie die Entscheidung, die die DDR-Bürger in ihren ersten freien Wahlen gefällt haben.“

Für den grünen Manfred Schramm ist dagegen klar, daß die DDR-Bürger die jetzt verordnete „Einheit von oben“ nie, sondern immer den partnerschaftlichen „Neubau einer deutsch -deutschen Republik“ von unten gewollt haben. Statt eine ökologisch und sozial verträgliche Rückkehr der DDR zur Demokratie zu gestalten, habe die Bundesregierug die DDR jetzt zum „schmutzigen Hinterhof für Investitionsentscheidungen ohne Umweltrabatte“ erklärt. Schramm: Zu diesem Vertrag ist ein klares Nein angebracht.“

Irgendwo zwischen „Ja, aber“ und „Im Grunde zwar nein, aber dennoch“ war die Rede von Claus Dittbrenner angesiedelt. Auch die SPD wolle die deutsche Einheit, aber die „Komplexität der Probleme“ mache keine schwarz-weiß-Lösungen möglich, sondern einen „gewissenhaften Abwägungsprozeß“ erforderlich. Dittbrenner: Der SPD geht es ausschließlich eines: Um Verbesserungen des viorliegenden Vertrags im Interesse der Menschen in beiden Teilen Deutschlands.“

K.S.