: Kleines Bremen kommt groß raus
■ Senat macht erstmals seit 1815 wieder Weltgeschichte / Kommentar des Ex-Senators
Endlich knüpft der Bremer Senat dort an, wo Bürgermeister Smidt 1815 auf dem Wiener Kongreß aufgehört hat: Partner der europäischen Großmächte zu sein. Jammerschade ist nur, daß Bürgermeister Wedemeier die historische Stunde nicht miterleben konnte. Reist er doch während dieser schicksalsträchtigen Tage in den USA.
Das könnte allerdings dazu führen, daß Bremens Haltung zur deutschen Einheit der Bürgermeister George Bush erläutert. Der geht nämlich nach den Besuchen von Kohl und de Maiziere immer noch davon aus, daß der Staatsvertrag pünktlich kommt.
Wedemeier kann ihm nun erklären, wie Bremen als Zünglein an der Waage im Bundesrat das Schicksal der Deutschen, Europas, der Welt anders bestimmen wird; denn was jetzt im Rathaus beschlossen worden ist, hatte welthistorische Bedeutung. Es ist zu vermuten, daß das auch der Senat weiß.
Wochen zackte und zickte die SPD auf der Suche nach ihrer Staatsvertragslinie. Ein klares Nein schien am Ende der Sozialdemokratie eine zu schwere Bürde aufzuhalsen, also arrangierte man sich mühsam, wobei Wedemeier früh die Momper -Position gegen Schröder und Lafontaine bezog. Der Berliner Regierungschef, besonders nah an der DDR, will bekanntlich den Staatsvertrag unverzüglich, und Bremens Regierungschef hat ihn überall getreulich unterstützt.
Nun ist endlich der Befreiungsschlag getan. Die Krisenwochen der SPD waren unnötig. Bremen setzt das Zeichen. Vogel hat ein neues Reiseziel, der Pendelverkehr nach Bremen kann beginnen. Das hat der Bürgermeister davon, wenn er außer Landes geht.
Und wem ist das alles zu danken? Natürlich CDU-Kudella. Ohne dessen Vorstoß in der Bürgerschaft wäre der Senat dort geblieben, wo er in der deutschen Frage seit Wochen ist: auf Tauchstation.
Horst-Werner Franke
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