DDR-Regierung bezahlt Mauerabriß

■ Nach Treffen von Schwierzina und de Maiziere ist die Finanzlage der Stadt weiter ungeklärt / Zwei Stadtbezirke mußten bereits bei Sparkassen Kredit aufnehmen

Ost-Berlin. Das gestrige Gespräch anläßlich des Antrittsbesuchs von Oberbürgermeister Tino Schwierzina (SPD) bei Ministerpräsident Lothar de Maiziere (CDU) sei „angenehm“ gewesen, berichtete Schwierzina - doch Geld für die Ostberliner blätterte de Maiziere nicht auf seinen Ministertisch. Wieviel Münzen nach der Währungs-, Wirtschafts-, und Sozialunion am 2. Juni in den Haushaltstöpfen Ost-Berlins klingen werden, ist weiterhin ungewiß. Bisher wurden zwei Drittel des Haushalts im Ostteil der Stadt, der für 1990 bei etwa 5,5 Milliarden Mark liegen soll, durch einen Ausgleich des Staates getragen. Bereits gestern waren von den elf Stadtbezirken zwei pleite: Hellersdorf und Weißensee mußten bei der Sparkasse Kredite aufnehmen um die Ausgaben, Löhne und Gehälter für diesen Monat zahlen zu können.

De Maiziere konnte Schwierzina gestern nachmittag lediglich darauf hinweisen, daß der Haushaltsentwurf für das zweite Halbjahr dem Kabinett erst zum Ende des Monats vorliegen werde. Vorher könne Ost-Berlin nicht mitgeteilt werden, auf welchen finanziellen Grundlagen es für die kommende Jahreshälfte kalkulieren kann. Es soll allerdings kurzfristige Abschlagszahlungen geben. „Anders geht das auch überhaupt nicht“, sagte dazu Magistratssprecher Christian Hoßbach.

Schwierzina berichtete gestern nachmittag, daß mit de Maiziere „große Einigkeit“ bestanden habe, Berlin bereits vor der formellen Länderbindung „gewisse Kompetenzen eines Landes“ zu übertragen. Der Magistrat drängt besonders bei den Verwaltungen Inneres (Polizei), Kultur und Schule darauf, die Entscheidungen selbst treffen zu können.

Während des Antrittsbesuches machte der CDUler dem SPDler Hoffnungen, daß der ehemals städtische Besitz an Grund und Boden, Forsten und Immobilien wieder der Stadt gehören solle: „Ich werde das prüfen.“

Vor dem Gespräch mit Schwierzina ging de Maiziere unweit des Noch-Checkpoint-Charlie an die Mauer. Dort schaute er bei den Abrißarbeiten zu. De Maiziere versprach vor dem Beton, daß den Abriß des ehemaligen Schutzwalls nicht die Stadt Ost-Berlin bezahlen müsse. Bis zur endgültigen Grenzöffnung am 1. Juli sollen 39 Straßen zwischen Ost- und West-Berlin verbunden werden.

Die AL erklärte gestern, daß ein Teil der Mauer erhalten bleiben und in die zukünftige Gestaltung des ehemaligen Mauerstreifens einbezogen werden müsse. Abgeordnete Hilde Schramm: „Spuren der ehemaligen Grenze“ müßten zu „Stolpersteinen der Geschichte und zum Mahnmal einer verfehlten Politik“ werden.

diak