: Bitte Nato, wandle dich!
■ Warschauer-Pakt-Treffen beendet / DDR-Abrüstungsminister Eppelmann ganz undeutsch: 1.September 1992 als Tag für deutsche Vereinigung vorgeschlagen
Strausberg/Berlin (dpa) - Der DDR-Minister für Abrüstung und Verteidigung, Rainer Eppelmann, macht sich in seiner kurzen Amtszeit beim Volke unbeliebt. Zum Abschluß der Sitzung der sieben Verteidigungsminister des Warschauer Paktes schlug Gastgeber Eppelmann am Freitag den 1.9.1992 als Tag für die deutsche Vereinigung und die sicherheitspolitische Vereinigung Europas vor. Es sei ihm klar, daß er damit die Geduld der DDR-BürgerInnen auf eine große Probe stelle. Es sei jedoch unbedingt notwendig, mehr Geduld zu zeigen, „als sie gegenwärtig aufbringen“.
Auf der 25.Tagung des Bündnisses blieb die Zukunft vage und wurde daher lieber mit der Vergangenheit des militärischen Bündnisses abgerechnet. In dem Zusammenhang nannte Eppelmann die blutige Niederschlagung des Volksaufstandes in Ungarn 1956 und den Einmarsch der Streitkräfte des Warschauer Paktes in die Tschechoslowakei 1968. Die Entwicklung der vergangenen Monate habe jedoch deutlich gemacht, daß die Relikte der Spaltung Europas, Warschauer Vertrag und Nato, überwunden werden müßten.
Die Verteidigungsminister der Warschauer-Pakt-Staaten haben sich laut Eppelmann für ein europäisches Sicherheitssystem in einem blockfreien Europa ausgesprochen. Es sei „unvorstellbar“, daß ein Sicherheitssystem aufgebaut werde, bei dem die Sowjetunion vor der Tür stehen bleibe.
Die Warschauer-Pakt-Staaten forderten die Nato auf, ebenfalls schnellere Schritte bei der Umgestaltung vom Militär- zum politischen Bündnis zu machen. Veränderungen in der Nato seien „dienlich“, formulierte man bescheiden. Der Oberkommandierende der Streitkräfte des Warschauer Vertrages, Armeegeneral Pjotr Luschew, erklärte, die Vereinigung Deutschlands sei zunächst Angelegenheit der Deutschen. Es sei verständlich, daß hinsichtlich der Mitgliedschaft der Deutschen in der Nato unterschiedliche Positionen bestünden. Dies habe aber zur Folge, daß die Balance in Europa verschoben werden könnte. Luschew hob auch hervor, daß, solange die Nato existiere, auch der Warschauer Vertrag fortbestehen müsse und solange die einzelnen Länder auch ihre Bündnisverpflichtungen einhalten müßten.
Neuer UdSSR-Vorschlag
Brüssel (afp) - Die UdSSR hat den Nato-Staaten angeboten, vom Herbst 1990 an und ohne Vorbedingungen über die „Abschaffung aller taktischen Atomwaffen unter 500 Kilometern Reichweite“ zu verhandeln. Nach sowjetischer Vorstellung solle über alle landgestützten Systeme gesprochen werden - über Raketen, Artillerie, Atomminen und atomwaffentragende Kampfflugzeuge. Die Aufnahme dieser Verhandlungen sei nicht mit einem Fortschritt der Verhandlung über Konventionelle Streitkräfte in Europa (VKSE) verbunden.
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