: Konkurrenz für Europa
Gigantische Freihandelszone im Norden Amerikas geplant ■ Mit dem Freihandel auf du und du
Mexiko-Stadt (dpa) - Während der europäische Binnenmarkt mit dem markanten Datum 1992 näherrückt, reifen auch auf dem amerikanischen Kontinent Pläne für eine gigantische Freihandelszone. Die USA und Mexiko wollen offizielle Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen noch in diesem Jahr beginnen. Kanada, das mit den USA bereits den freien Handel vereinbart hat, ist ebenfalls mit der mexikanischen Regierung im Gespräch, um Zollschranken und Handelsbarrieren zu beseitigen.
Die drei Staaten, die insgesamt 350 Millionen Einwohner haben, könnten in einigen Jahren die größte Freihandelszone der Welt bilden. Sie würden dann nach den Worten des mexikanischen Präsidenten Carlos Salinas de Gortari einen größeren Handelsmarkt als das vereinigte Europa darstellen. Allein zwischen Mexiko und den USA erreichten die Handelsbeziehungen 1989 eine Größenordnung von 52 Milliarden US-Dollar.
Mexiko hat unter Salinas de Gortari ein energisches Programm zur Liberalisierung der Wirtschaft gestartet. Auf beiden Seiten der Grenze gibt es große Hoffnungen, aber auch Furcht vor einem Freihandelsgebiet, das vom Norden Kanadas bis zur mexikanischen Halbinsel Yucatan reicht. In den USA hofft man auf neue Absatzmärkte und Exportsteigerungen. Zugleich wird die Abwanderung von Unternehmen und Arbeitsplätzen in das Billiglohnland Mexiko befürchtet, wo Stundenlöhne von einem halben US-Dollar gezahlt werden.
In Mexiko verspricht man sich ebenfalls eine enorme Steigerung von Produktion und Exporten. Das müsse nicht einmal auf Kosten anderer Handelspartner etwa aus Europa gehen, betont Salinas. Vielmehr habe Mexiko ein gewaltiges Entwicklungspotential, das bisher brachliege. Ferner hofft Mexiko auf eine Steigerung der Auslandsinvestitionen und eine Rückkehr des geflüchteten Kapitals in Milliardenhöhe.
Gleichzeitig formiert sich in beiden Ländern eine starke Opposition gegen die Freihandelspläne, zumal das Verhältnis zwischen den beiden Nachbarn aus historischen und aktuellen Gründen heikel ist. Die früheren Kriege, bei denen die USA große Teile Mexikos eroberten und sich einverleibten (unter anderem Kalifornien, Texas und Arizona), sind in Mexiko unvergessen. Die Opposition in Mexiko befürchtet eine Einschränkung der Souveränität und einen Ausverkauf an die US-Industrie, wenn die Handelsschranken fallen.
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