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Der FDGB und sein Feriendienst: Bilanz eines Niedergangs

Die Gewerkschafter aus Ost und West befürchten das Schlimmste. Wenn ihnen die DDR-Regierung nicht beispringt, könne es mit dem FDGB ein böses Ende nehmen. Die Gefahr sei nicht ganz auszuschließen, daß der in Auflösung befindliche Gewerkschaftsbund auf dem größten Verlustbringer seines Imperiums hängenbleibt: dem Feriendienst der DDR.

Millionen DDR-Bürger haben in der Vergangenheit Jahr für Jahr ihre Ferien mangels anderer Reisemöglichkeiten in den Ferienheimen und auf den Campingplätzen des FDGB verbracht. Auch im letzten Jahr buchten viele DDR-Bürger wie gewohnt beim FDGB ihren Urlaub. Sie konnten ja nicht ahnen, daß ihnen in diesem Sommer eine Auswahl zwischen Costa Brava und Rimini offenstehen würde - das entsprechende Kleingeld vorausgesetzt. Und so steht zu erwarten, daß viele Einrichtungen des FDGB-Feriendienstes in diesem Jahr unausgelastet bleiben und noch mehr Verluste einfahren als ohnehin.

Mit einer halben Milliarde Mark hat die DDR-Regierung den Feriendienst des Gewerkschaftsbundes bislang jährlich gefördert. Diese Förderung wird am 1. Juli entfallen. Damit stürzt der Dienst finanziell in ein tiefes Loch. Das könnte böse Folgen haben für die übrigen Vermögensanteile des FDGB, und deshalb hat die Organisation inzwischen ihren gesamten Touristik-Bereich ausgesondert und im März der „Reisebüro -Feriendienst GmbH“ zur treuhänderischen Verwaltung übertragen. Eigentümer dieser Gesellschaft ist immer noch der FDGB.

Das soll nun anders werden. Die DDR-Regierung, so Heinz Gester zur taz, dürfe den Feriendienst und seine mehr als 18.000 Mitarbeiter „nicht wie eine heiße Kartoffel fallen lassen“. Und im FDGB-Sprecherrat wurde angesichts des „unmittelbar bevorstehenden wirtschaftlichen Zusammenbruchs“ die Forderung erhoben, die DDR-Regierung solle 72 Prozent der Anteile des Feriendienstes übernehmen.

Ansonsten bleibe, so Gester in seinem Papier, nur noch eine „Sonderliquidation“, also der Konkurs. Dabei aber ist nicht auszuschließen, daß auch das übrige FGDB-Vermögen per Durchgriffshaftung in Mitleidenschaft gezogen wird. Die Ostberliner Gesprächsrunde befürchtete deshalb einen „Neue Heimat-Fall der DDR“ - ein Jahr für Jahr sich öffnendes Milliardengrab aufgrund jahrelanger Mißwirtschaft.

Aber auch wenn es gelingt, den Feriendienst aus der Schußlinie zu bringen, ist durchaus ungewiß, welche Vermögensanteile der FDGB über seine Auflösung hinwegretten kann, um sie letztlich dem DGB bzw. seinen Einzelgewerkschaften zu übereignen. Zunächst sollen die Gewerkschaftshäuser, die Schulen und Kulturhäuser, die Beteiligungen und Gästehäuser mit „klarer“ Rechtslage (s. Kasten) in einer Vermögensgesellschaft im Besitz der DDR -Einzelgewerkschaften zusammengefaßt werden. Aus diesem Fonds sollen aufgelaufene Mitgliederansprüche (z.B. das „Sterbegeld“ in Höhe von jährlich 50 Millionen Mark bzw. DM) und die Kosten für die groß angelegte Entlassungsaktion für die Beschäftigten der DDR-Gewerkschaften bestritten werden.

Der FDGB hat derzeit noch 3.600 Beschäftigte, davon rund 1.000 Angestellte und 2.600 Arbeiter. Sie alle müssen gekündigt werden, und nicht alle haben gleichzeitig den Arbeitsvertrag mit einer der DDR-Einzelgewerkschaften in der Tasche. Wieviele letztlich von den DGB-Gewerkschaften übernommen werden, steht in den Sternen.

Je mehr Beschäftigte der DDR-Gewerkschaften auf der Straße sitzen, desto teurer wird es. Denn in der DDR haben Entlassene einen gesetzlichen Anspruch auf 12 Monate Lohnfortzahlung. Außerdem hat sich der seit einiger Zeit amtierende Betriebsrat im FDGB bei seinen Amtskollegen in der DGB-Zentrale bereits das Muster eines Sozialplans besorgt und seine Ansprüche angemeldet: 30.000 bis 50.000 DM pro Person werden gefordert. „Aus dem Kreise der DDR -Juristen wurde das Sozialplanvorhaben begrüßt“, bemerkt Gester säuerlich. Schließlich sind da noch die 400 Vorruheständler, die einen Anspruch auf monatlich rund 500 DM geltend machen können.

All diese Ansprüche sollen aus der Liquidationsmasse des FDGB und seiner Einzelgewerkschaften abgefunden werden. Nur wenn dabei noch etwas übrig bleibt, werden die vereinigten DGB-Gewerkschaften in den erhofften Genuß ihrer Erbschaft kommen. DGB-Justitiar Gester sieht dafür Chancen, aber sicher ist er nicht. Ohne die Belastungen aus dem Feriendienst, so schreibt er in seinem vertraulichen Vermerk, „könnte möglicherweise nach vorsichtigen Schätzungen... ein ausgeglichenes Verhältnis“ denkbar sein. Voraussetzung dafür ist eine „angemessene Verwertung der Immobilien“.

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