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Neuer Verdacht gegen Henning Beer

■ Dreimal soll Beer in der DDR jeweils für drei Tage freigenommen haben, als die RAF im Westen Anschläge verübte / „Ernster und beeindruckender Hinweis“ oder fataler Zufall? / Viele Fragen bleiben noch offen

erlin (ap/taz) - Erstmals seit der Serienfestnahme gesuchter RAF-Mitglieder in der DDR gibt es einen ernstzunehmenden Hinweis, daß einer der Inhaftierten noch nach seiner DDR -Einbürgerung an Anschlägen im Westen beteiligt war. Der Verdacht richtet sich gegen Henning Beer. Er soll nach Recherchen des ZDF dreimal jeweils drei Tage frei gehabt haben, als die RAF Attentate verübte. Dies geht nach Informationen des ZDF aus Eintragungen im Schichtbuch des VEB Geotherm in Neubrandenburg hervor, wo Beer beschäftigt war.

Der erste Hinweis bezieht sich auf den 17. bis 20. Juni 1988. Beer nahm sich frei, während am 18. Juni in Cadiz bei Rota (Spanien) ein Sprengstoffanschlag mit anschließender Geiselnahme scheiterte. Laut Haftbefehl ist er dringend verdächtig, an dem Anschlagversuch beteiligt gewesen zu sein. Als der Bonner Finanzstaatssekretär Hans Tietmeyer im Vorfeld der Tagung von Weltbank und Internationalem Währungsfond in Westberlin am 19.September 1988 nur knapp einem Anschlag entging, hatte Beer wiederum frei: Vom 17. September bis zur Spätschicht am 20. September. Schließlich mußte Beer laut ZDF drei Tage lang nicht zur Schicht, als der Chef der Deutschen Bank, Alfred Herrhausen, am 30. November in Bad Homburg Opfer eines Bombenanschlags wurde.

Im Fall des Anschlags in Spanien, der sich gegen amerikanische Soldaten eines nahegelegenen Nato-Flotten- und Luftwaffenstützpunkts richten sollte, soll Beer nach Zeugenaussagen einer der beiden männlichen Täter gewesen sein. Nach dem Herrhausen-Anschlag hatte das BKA Beer verdächtigt, einer jener beiden Jogger gewesen zu sein, die Augenzeugen in der Nähe des Tatorts beobachtet hatten. Unbeantwortet blieb gestern vor allem die Frage, warum Beer nach dem Herrhausen-Anschlag in die DDR zurückgekehrt sein soll, die seit der Maueröffnung für gesuchte RAF-Täter kein sicherer Hort mehr war.

Ein Widerspruch ergibt sich auch bei einer möglichen Beteiligung Beers am Anschlag gegen Staatssekretär Tietmeyer. Der war nämlich laut Verfassungsschutz als „Entführung mit dem Ziel der Zusammenlegung“ der inhaftierten RAF-Gesinnungsgenossen geplant. Dafür hätte Beer wohl mehr als drei Tage Urlaub nehmen müssen.

Fraglich blieb gestern auch, in welchem Rhythmus Henning Beer Freischichten hatte und ob das ZDF auch alle anderen Anschläge der RAF seit Beers DDR-Einbürgerung mit dessen freien Tagen abgeglichen hat. Davon wird abhängen, wie groß die Wahrscheinlichkeit eines - für Beer fatalen - Zufalls ist. Bundesinnenminister Schäuble sprach in der ZDF-Sendung von „beeindruckenden Hinweisen, die man ernst nehmen“ müsse.

gero

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